Fontane unterstellt der Rezensentin eine Ansicht, die sie durch die Form der Darbietung nicht negieren kann: „Sie selbst konnten sich nicht anders dazu stellen. " Fontanes Dank ist nicht nur groß, sondern „größer", weil er ein schlechtes Gewissen hat, sie überhaupt um eine Rezension gebeten zu haben, obwohl er das doch gar nicht nötig hat, obwohl er es nicht „mußte". Fontane weist deutlich darauf hin, daß es eigentlich unter seiner schriftstellerischen Würde ist, um eine Rezension zu bitten. Daß er es dennoch tut, zeigt sein Bemühen um Anerkennung. „Es soll nicht wieder Vorkommen"; - ein Satz, dessen Versprechen Fontane noch viele Male brechen wird. Eine besondere Variante dieser Strategie findet sich in einem Brief an Fritz Mauthner. Fontane bittet nun gar nicht mehr für sich, sondern schützt seinen Verleger vor:
Seien Sie schönstens bedankt für Ihren Brief, der mir eine große Freude war. Keine Besprechung in einem Blatt kann darüber hinaus und wenn ich dennoch bitte, wenn möglich ein paar freundliche Worte über das Buch (gemeint sind Irrungen, Wirrungen - d. Verf.) in dieser oder jener Zeitung sagen zu wollen, so geschieht es im Hinblick auf meinen sehr netten und sehr anständigen Verleger, den vielleicht mit Schaden abschließen zu sehn, mir sehr peinlich wäre.1 2
Eingangs bedankt sich Fontane für einen Brief Mauthners, in dem dieser sich schon positiv über den Roman Irrungen, Wirrungen geäußert hat. Doch diese private Anerkennung genügt Fontane nicht, er möchte eine freundliche Kritik in der Öffentlichkeit, in „dieser oder jener" Zeitung lesen. Im Hintergrund dieser Bemühungen Fontanes steht allerdings Mauthners harsche Kritik der L'Adul tera von 1882. Fontane versucht nun mit allen Mitteln, ein zweites Desaster zu verhindern und scheut auch nicht davor zurück, den Verleger Steffens vorzuschieben, um der Bitte Nachdruck zu verleihen.
Fontane geht brieflich auf erhaltene Rezensionen und Kritiken ein, und in vielen dieser Briefe kommen seine Selbsteinschätzung und gerade auch seine Selbstzweifel zum Ausdruck.
Nachdem Fontane sich entschieden hatte, einen „Romanschriftsteller-Laden" aufzumachen, hoffte er „auf ein paar treue, namentlich auch zahlungsfähige Käufer" seiner Werke. 13 Fontane betrachtet es deshalb als eine ernsthafte Aufgabe, sich um den „Vertrieb" seiner Werke zu kümmern: „Der Dank wäre ein paar Tage früher gekommen, wenn nicht eben ein Buch (Cécile - d. Verf.) von mir erschienen wäre, dessen Vertrieb: Schreibereien an Gönner und Nichtgönner, auch dem Schriftsteller immer Mühe und Arbeit macht."14
Diese „Vertriebs-Steuerung" geht so weit, daß Fontane sogar im November 1878 an Wilhelm Hertz, seinen Buchverleger, schreibt und ihn bittet, sich für ihn bei einem bestimmten Zeitschriften-Redakteur zu verwenden, damit die von ihm gewünschte Kritik in der „Augsburger Allgemeinen Zeitung" erscheinen kann.
Um einen optimalen Boden für die Aufnahme seiner Werke bei Rezensenten zu schaffen, pflegt Fontane die Rezensions-Exemplare in der Regel durch ein paar Brief-Worte zu begleiten. Ludovica Hesekiel, die eine Rezension verfassen soll, wird von Fontane in einem Brief informiert, daß sie den Roman nicht direkt,
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