Heft 
(1993) 55
Seite
121
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sondern über den Umweg der Redaktion zugesandt bekommt, weil Fontane auf die Weise auch in die vielgelesene 'Bücherschau' käme". Das ist von großer Bedeutung für Fontane, da von dieserBücherschau" für viele Leser ein Kaufanreiz ausgeht. 15

Der große Vorwurf, Fontane schriebe in seinen Briefen über seine Werke fast nur über Verlegerisches, die Briefe hätten also wenig Informationsgehalt, kann sich in dieser Form nicht mehr halten. 16 Fontanekommentiert" seine Werke recht eigentlich in den Briefen an Kritiker, indem er ihnen zu verstehen gibt, wie er sich die zu schreibende Kritik vorstellt.

Das Fontanesche Leiden an der Arbeit

Es ist eine - verständliche - Forderung des Lesers Fontanescher Briefe, detail­liert und umfangreich über Ideenfindung, Entstehungsprozeß und Arbeits­schritte hinsichtlich der Werke informiert zu werden. Doch besonders seine kurzen Briefe, in denen er nur mit wenigen Worten auf seine Werke eingeht, nur hinweist, daß er daran arbeitet, und die vielen Briefe, in denen ernur" über die Korrektur der Werke schreibt, zeigen uns die harte Auseinanderset­zung Fontanes mit seinen Werken. Briefe über Korrekturen, über den Erhalt von Korrektur- oder Revisionsbogen blieben in der Regel von der Forschung relativ unbeachtet, da sieuninteressant" für die Interpretation des Werkes und für die Werkgeschichte erschienen. Die sich in diesen Briefen spiegelnde Psyche des Autors blieb dabei leider recht oft unbeachtet. Es ist nicht zu über­sehen, daß Fontane in allen - oder zumindest in den allermeisten - Fällen mit großer Freude und Neugierde an die Arbeit geht. Nachdem das meist in Kürze skizzierte Werk eventuell auch im Brouillon fertiggestellt ist, wird es entweder zur Seite gelegt oder weiterbearbeitet - und dann beginntdas Leiden an der Arbeit. 17 Fontane kalkuliert seine Krankheiten sogar in seinen Arbeitsplänen mit ein. 18 Er leidet sehr unter diesen Korrekturen, betont aber mehrfach, daß sie unerläßlich seien. Besonders die Korrektur vonFahnen und Bogen" aus der Druckerei macht ihm zu schaffen. Oft lesen wir, daß er in dieser Zeit an Schnupfen, Kopfreißen und allgemeinem Unwohlsein leidet. In einem Brief vom 17.08.1882 an seine Frau berichtet er sogar, daßdie schweren Correkturta- g e " ihnzeitweilig (namentlich bei meinem schlechten Befinden) gedrückt und geäng- stigt" hätten. 19 Er unterzieht sich den Mühen der Korrektur-Arbeiten, obwohl er daran zweifelt, daß es überhaupt Leute gäbe, die seine Mühen verstünden. Er klagt Gustav Karpeles im Brief vom 05.02.1879, daß er gar nicht wisse, warum e r sich diese Arbeit mache:Ich bin nun 'mal ein Bastler und Pußler und kann es nun nicht mehr los werden. " 21 Fontane bemüht sich nicht einmal mehr darum, er ill gar nicht von der Korrektur und den damit verbundenen Leiden loskom men. Es stellt sich die Frage, warum er es nicht will. Liegt ihm wirklich an erster Stelle die künstlerische Gestaltung derart am Herzen, oder braucht er vielleicht auch das Leiden an der Arbeit, als Motivation, als Bestätigung, als Zeichen von Leben? Fontane weiß, daß er so oder soleiden" würde, entweder unter der ihn belastenden Überarbeitung des Werkes oder unter dem Verzicht, das Werk einer Überarbeitung zu unterziehen. Der Beginn einer Arbeit