Heft 
(1993) 55
Seite
122
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erscheint bei Fontane immer spielerisch, doch schließlich vergeht ihmdie Lust zum Fertigmachen"

Fontane verabschiedet sich immer unter Schmerzen von seinen Werken. Kaum ist das Werk aber endlich fertiggestellt, stürzt sich Fontane schon wieder in das nächste. 23 Es tritt in diesen vielen Briefen, in denen er über Beschwerden bei der Arbeit und an der Korrektur berichtet, eventuell ein Moment zutage, das einen weiteren Rückschluß auf die Psyche des Schriftstellers Fontane zuläßt. Wie Kurz formuliert, hatte das Verbumschreiben" als Titel für literarisches Schaf­fen im 19. Jahrhundert Hochkonjunktur, denn'Schreiben' ist die zugleich materiellste und leerste Definition von Literatur und 'schreiben' definiert die Literatur im Aspekt der poiesis, der artistischen Produktion, der Arbeit".1 2 Gerade in der Betonung des Arbeits- und Mühecharakters von Kunst läge ein massives Rechtfertigungsmotiv. In den allermeisten Briefen, in denen Fontane über seineArbeit", also vom Schreiben und Korrigieren seiner Werke schreibt, kommt eben dieserArbeits- und Mühecharakter" sehr deutlich zum Aus­druck. Fontane kannte kein Mäzenatentum, ererschrieb" sich seinen Lebens­unterhalt. Und daß dieser Schriftstellerberuf im wahrsten Sinn des Wortes Arbeit" bedeutete - darauf wies er immer wieder ausdrücklich hin. Fontanes aus dem technischen Vokabular entlehnter BegriffFabrikat" 25 für eigene schriftstellerische, also künstlerische Werke, unterstreicht diese Auffassung. Damit soll gesagt werden, daß auch der Künstler Teil hat an der modernen bürgerlichen Gesellschaft mit ihren verpflichtenden Normen der Produktivität und Nützlichkeit." 26 Für Fontane trifft dies in doppelter Sicht zu. Einmal war es die nicht zu unterschätzende Notwendigkeit, durch seine schriftstellerische Arbeit Geld zu verdienen, um seine Familie ernähren zu können. Zum anderen war er - und vielleicht in besonderem Maße gerade er, der in seinen Werken der bürgerlichen Gesellschaft einen Spiegel vorhielt - selber Teil dieser Gesell­schaft. Sein ständiges Bemühen um Anerkennung und Respekt, das sich durch alle Briefe zieht, demonstriert diese Tatsache augenfällig.

AUSWERTUNG (ausschließlich auf HBV/1988 bezogen)

Anzahl Adressaten" = Anzahl der Brief-Adressaten pro Werk;

Anzahl Briefe" = Anzahl der Briefe über das jeweilige Werk insgesamt im untersuchten Briefkorpus;

Nr.

Titel d. Werkes

Anzahl Adressaten

Anzahl Briefe

la

James Monmouth

2

3

lb

Tuch und Locke

3

2

2

Vor dem Sturm

26

141

3

Grete Minde

20

79

4

L'Adult era

25

60

5

Ellernklipp

17

65 (+evtl.l)

6

Schach von Wuthenow

28

78

7

Graf Petöfy

15

39

8

Unterm Birnbaum

17

29

9

Cecile

21

44

122