Denn es kam ja noch schöner, nämlich mit heimischem Tonfall, einem andeutungsweisen, nie ordinären Berlinern. Affenpinscher, Plumpe, Drops, Hutsche, schuddern, Wrasen, Tülle, rapschen, Bollmann seiner, Murks, Pedenhaufen, sich verplempern, abgeäschert ... solches Vertrautsein mit den Wörtern schafft Einverständnis mit dem Autor und seinen Figuren. Und die alte, herumsimpernde Frau Nimptsch - das war ja Frau Hampsch aus unserem Haus, die statt des Koffers mit Wertsachen den zugehängten Drahtbauer mit ihrem Kanarienvogel in den Luftschutzkeller trug und ihm zärtlich zusprach - wie Botho seinem flatternden Liebling in der Bellevuestraße.
Und wenn Lene bügelte (überhaupt Lene!)... wie meine Mutter: das breite Ende des Plättbretts im offenen Fenster auf dem Rahmen, das angeschrägte auf der Lehne des eichenen Küchenstuhls, Erbstück vom Rittergut Karniszewo. Aus der Damenschneiderei meines bayerischen Großvaters gabs auf dem Herd ein eisernes Bügeleisen mit Klapptürchen, Bolzen und Schürhaken, sollte das elektrische mal durchbrennen. Hinter der Tür hing der aus Weidenrohr geflochtene Teppichklopfer (9. Kapitel), und „Tod und Leben" (Kapitel 17) wurde bei Regenwetter mit zwei Päckchen Patiencekarten gespielt.
Dies gilt manchem als die unakademische Annäherungsweise an einen großen Schriftsteller, obwohl ich nachtragen kann, in den vergangenen 40 Jahren wahrscheinlich alles gelesen zu haben, was unter Fontanes Namen publiziert worden ist; gewiß aber alles, was kluge Leute vom Fach über „Irrungen Wirrungen" herausfanden. Es hat mein Verständnis sehr gefördert und mir subtile Nuancen nähergebracht. Konnte 1992 auch endlich mit seltsamen Gefühlen Hankels Ablage besuchen und auf den sommerlichen Zeuthener See hinausschauen. Trotzdem lese ich das schmale Bändchen jedes Jahr wieder wie zum erstenmal, Weihnachten 1952.
„Es ist so spannend, man kennt ja alle Straßennamen!" Dieser Grund, einen Berliner Roman von ihm zu schätzen, hat auf Fontane 1882 „einen furchtbaren, einen wahren Jammer-Eindruck" gemacht. An meinem Krankenbett, am Beispiel des Wilmersdorfer Kirchturms (Seite 255, rechts unten), wäre es mir gelungen, dem Meister diesen Kummer in aller Ehrfurcht auszureden. Oder?
Vielleicht hätte er, die Rückseite eines Heysebriefentwurfs benutzend, mit spitzem Crayon meinen Titel für sein bündigstes Kunstwerk notiert und Herrn Dr. Erler als künftiges Interpretationsproblem hinterlassen.
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