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Teil 1 (2002) Kinderleistungen - Lehrererwartungen
Entstehung
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Lehrererwartungen

5. Die sprachlichen Fähigkeiten der Schüler bewegen sich zwischen den beiden Ex­tremenDas Verbalisieren fällt den Schülern schwer und ist wenig geübt. undDie sprachlichen Fähigkeiten der Schüler sind gut entwickelt und wichtig für den Mathe­matikunterricht.

Diese fünf Skalen sind statistisch nicht völlig unabhängig voneinander, wurden aber auch nicht mit diesem Ziel konstruiert. Da Zusammenhänge zwischen so unterschiedlichen Mei­nungskomplexen wie zum Beispiel die Rolle des Lerners und die Bedeutung von Vorwissen inhaltlich interessant sind, werden sie bei den Ergebnissen dargestellt.

Die Rolle des Lerners

Die Mehrheit der Lehrerinnen und Lehrer sieht den Lerner in der Mitte zwischen selbststän­digem und angeleitetem Lernen. Die Meinungen gehen stark auseinander(s. Skala i).

Skala ı: Die Rolle des Lerners.

Schüler brauchen Schüler lernen Anleitung. selbstständig.

Mittelwert(Skala von-20 bis+20)= 1,33, o= 6,03, Minimum=-11, Maximum= 15

Zwischen dieser Skala und anderen Untersuchungsvariıablen lassen sich verschiedene Zu­sammenhänge nachweisen. Wir beginnen mit den Korrelationen zwischen den fünf beschrie­benen Skalen.

Die Meinung, welche die Lehrkräfte über die Rolle des Lerners haben, korreliert mit der Be­deutung, die sie dem Vorwissen beimessen(rs= 0,59, p< 0,001). Das bedeutet, dass Lehr­kräfte, die der Meinung sind, dass Schüler selbstständig lernen können, eher auch meinen, dass Alltagserfahrungen helfen, mathematische Zusammenhänge zu verstehen. Dies ist nach­vollziehbar, da ja Alltagserfahrungen auch durch selbstständiges Lernen gewonnen werden.

Einen weiteren, aber etwas schwächeren Zusammenhang findet man zu der Meinung, welche die Lehrkräfte zum Verhältnis zwischen Fertigkeiten, Verständnis und Problemlösen haben (rs= 0,41, p< 0,01)". Lehrerinnen und Lehrer, die meinen, dass ihre Schüler selbstständig lernen sollen, geben dem Verstehen der Rechenoperationen den Vorrang gegenüber dem Au­tomatisieren. Auch dieses Ergebnis verwundert nicht.

Die sprachlichen Fähigkeiten, die Lehrkräfte ihren Schülern zutrauen, stehen ebenfalls in Zu­sammenhang mit der Rolle des Lerners(rs= 0,49, p< 0,01). Lehrerinnen und Lehrer, die die Erfahrung gemacht haben, dass Kinder im Mathematikunterricht angeleitet werden müssen, stellen auch fest, dass diese Kinder kaum mathematische Zusammenhänge in Worte fassen können. Offensichtlich ist das Verbalisieren mathematischer Zusammenhänge eine Fähigkeit, die vor allem dann entwickelt und weiterentwickelt wird, wenn eigene Lösungswege darge­stellt werden müssen. Oder kann es auch sein, dass durch dieAnleitung des Lehrers der Schülerin bzw. dem Schüler die Chance genommen wird, über Handlungsvollzüge, die selbst erlebt und gestaltet wurden, zu reflektieren? Kann sich dann sprachliche Fähigkeit nicht ent­wickeln bzw. vorhandene sprachliche Fähigkeit vielleicht sogar zurück entwickeln?

'° Dieser Zusammenhang entspricht etwa dem, was Staub und Stern(2000, S. 16, Tabelle 2) für die beiden Ska­len Rolle des Lerners und Verhältnis zwischen Fertigkeiten, Verständnis und Problemlösen gefunden haben(rs= 0,38, p< 0,05).

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