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Teil 1 (2002) Kinderleistungen - Lehrererwartungen
Entstehung
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Lehrererwartungen

# Die Lehrkräfte der Gruppe 2 sind der Meinung, dass ihre Schülerinnen und Schü­ler eigene Lösungswege entdecken können und dies auch wichtig für das Mathe­matiklernen ist. Die Lehrkräfte der Gruppe 1 stimmen dem eher nicht zu.

° Außerdem sind die Lehrerinnen und Lehrer der Gruppe 2 in stärkerem Maße als die aus Gruppe 1 der Meinung, dass ein Verständnis der Rechenoperationen dem automatisierenden Üben vorausgehen sollte und dass Kinder Vorerfahrungen aus dem Alltag in den Unterricht einbringen sollen und können.

° Die sprachlichen Fähigkeiten der Erstklässler werden von den Lehrkräften der Gruppe 1 schlechter eingeschätzt als von denen der Gruppe 2.

Bei Gruppe 2 handelt es sich somit eher um reformpädagogisch orientierte Lehrkräfte, die modernen Unterrichtskonzepten wie dem aktiv-entdeckenden Lernen aufgeschlossen gegen­über stehen, deren Unterricht an Alltagserfahrungen der Kinder anknüpft und die die sprachli­chen Fähigkeiten der Kinder fördern. Die Lehrkräfte der Gruppe 1 favorisieren eher ein tradi­tionell kleinschrittiges Vorgehen, bei dem die Mathematik als alltagsfernesRegelspiel ver­mittelt wird, das vonSpracharmut gekennzeichnet ist. Sie sind in unserer Stichprobe und mit großer Wahrscheinlichkeit auch in der Grundgesamtheit der Grundschullehrerinnen und ­lehrer in der Mehrheit.

Bei den Angaben zur Person gibt es zwischen den Gruppen keine Unterschiede. Auch bei den Fragen zum Unterricht sind die Unterschiede nicht signifikant. Die einzigen weiteren signifi­kanten Unterschiede(p< 0,05) zwischen beiden Gruppen finden sich bei den Erklärungen der Leistungsunterschiede zwischen Jungen und Mädchen.

© Von den reformpädagogisch orientierten Lehrkräften lehnen 93% die Aussage Jungen können besser logisch denken als Mädchen ab(20% sogar voll und ganz), während es aus Gruppe 1 nur 64%(12% voll und ganz) sind.

e 76% der Lehrkräfte aus Gruppe 1 stimmen der AussageOb Jungen oder Mäd­chen beim Lösen von Sachaufgaben besser sind, ist vom Sachzusammenhang ab­hängig. zu(20% sogar voll und ganz), während 53% aus Gruppe 2 meinen, dass diese Aussage eher nicht zutrifft.

Da diese Gruppen jedoch nur in einer Teilstichprobe identifiziert werden konnten, ist das Er­gebnis mit Vorsicht zu betrachten. Es könnte sich um einen Stichprobeneffekt handeln. Es ist deshalb unbedingt nötig, die Untersuchung in einer größeren, möglichst repräsentativen Stichprobe zu wiederholen, um die Ergebnisse zu replizieren.

2.5 Schlussbemerkungen

Durch die von uns erstellten Lehrerfragebögen und die Beantwortung der Fragen durch die Lehrkräfte können erste vorsichtige Aussagen zu Tätigkeitsmerkmalen, Einstellungen und Erwartungen von Lehrerinnen und Lehrern getroffen werden. Alle Aussagen stellen einen gegenwärtigen Ist-Stand in der Gruppe der von uns befragten Lehrkräfte dar. Interpretationen dürfen nur sehr vorsichtig vorgenommen werden. Um zu genaueren und repräsentativeren Ergebnissen zu kommen, streben wird an, mit einem überarbeiteten Fragebogen eine größere Stichprobe von Lehrkräften zu befragen.

Es geht uns dabei nicht um die Typisierung von Lehrkräften, auch nicht darum, jede Lehrerin, jeden Lehrer anhand ihrer Auffassungen von Unterricht und Lernen in eine bestimmte Kate­gorie einzuordnen. Vielmehr werden Tendenzen deutlich, die insbesondere für künftige schul­

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