Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1910) Die Geschichte / von Gustav Albrecht ...
Entstehung
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Maschinenspinnerei durch die Engländer John und James Tockerill angelegt wurde. Erst im l9- Jahrhundert trat ein völliger Umschwung ein.

Berlin erhielt 12-10 und Eülln schon 1,232 Stadtrecht. Von 1289 ist die älteste Urkunde der Wollenweber- oder Tuchmacherinnung/) der zweiten unter den vier im 1H. Jahrhundert öfter genannten Berlin-Eöllner Körperschaften der Fleischer (Knochenhauer), Tuchmacher, Schuster und Bäcker. Der Inhalt ist, ebenso wie der der Urkunde von 1295^) bedeutungslos. Von größerem Interesse ist eine Verfügung des Rates aus dem Anfang des 1-1. Jahrhunderts, nach der den Beghinen Stühle vermietet werden durften, dagegen an die Juden kein Garn zu verkaufen wäre, um das Gewerk nicht zu schädigen. Der Garnmangel und seine Abhilfe zieht sich über­haupt durch fast alle Kundgebungen, da die Handspinnerei nur wenig Hervor­bringen konnte. Auch die spätere Anwendung des Spinnrades änderte daran an­scheinend ebensowenig wie das Verbot der Mollausfuhr, das in der Mark bereits gegen Schluß des 13. Jahrhunderts erlassen wurde. Einige > spätere Dekrete (von 1326 und s33s) ordnen die Verhältnisse der Gesellen und Lehrlinge und zeigen die Innung bereits im Besitze von Ländereien. Aus einer Urkunde von 136-1 geht her­vor, daß Berlin und Eölln als Hansemitglieder Tuche über Sarmund nach Sachsen ausführten. Das ganze 16. Jahrhundert ist erfüllt von Bestrebungen der Kurfürsten, die Textilindustrie in Brandenburg zu heben. Schon Joachim I. und sein Sohn be­währten sich als Förderer und unterstützten besonders die Schafzucht; ein verschärftes Wollenausfuhrverbot war 1513 erlassen worden. Auch ihre Nachfolger erließen infolge der beständigen Beschwerden der Berliner Tuchmacherinnung 1572, 1578, 1581, 1588, 1589, 1593, 159 -I und 1611 strenge Edikte. Liner solchen Beschwerde von 1581 schlossen sich 51 Städte an, was auf die damalige Wollenfabrikation ein interessantes Licht wirft. Nach ihr scheint ein großer Mangel an Wolle verursacht durch fremde Aufkäufer vorhanden gewesen zu sein, der auch durch die Einfuhr fremder Wollen nicht beseitigt werden konnte, weil die Wolle erzeugenden Nachbarlän­der Österreich und Sachsen gleichfalls eifrig die Ausfuhr zu verhüten suchten. Jeden­falls standen in der letzten Hälfte des 16. Jahrhunderts die Gewerbe sehr in Blüte, obwohl sich bereits dis Handelsverhältnisse geändert, die Hanse in Verfall geraten und sie durch die Handelspolitik Englands, Skandinaviens und Rußlands ungünstig beeinflußt waren. Die Berliner Tuchmacherinnung wurde in dieser Zeit auch nicht müde, ihre Rechte in bezug aus Lehr-, Gesellen- und Wanderzeit, auf Qualität und Form des Meisterstückes mit Hilfe der Regierung möglichst weit auszudehnen. Daß die Zeiten nicht schlecht waren, geht auch aus dem freilich zuweilen derben Humor hervor, der bei den (Juartalsfesten und öffentlichen Aufzügen entfesselt wurde. Aus jener Zeit stammt die lustige Bezeichnung der Quartale alsMottenfeste", und die hierin sich äußernde Anerkennung der Motten als wichtige Verbündete beim Tuchverschleiß. Übrigens können, da die Fabrikanten ausschließlich auf die grobe inländische Land­wolle angewiesen waren, auch nur grobe Tuche hergestellt worden sein. Daher bezog

9 Berlinisches Urkundenbuch Nr. XXVll, S. 19 . Herausgegeben vom Verein für die Geschichte Berlins.

9 Berlinisches Urkundenbuch Nr. XXXII, S. 2Z.