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dem Lande die Leinweberei. Um dem fühlbaren Garnmangel zu steuern, ließ der Aönig von 1775 bis 1,780 in der Stadt 50 Häuser erbauen und darin Spinnereifamilien ansiedeln. Auch ein Wollmagazin ist errichtet worden, aus dem die Meister ihren Bedarf gegen mäßige Bedingungen erhielten. Es bestand bis 1827. Nachdem sich die Tuchscherer 1778 zu einer Innung verbunden hatten, erhielt das gewerbliche Leben einen gewaltigen Aufschwung durch den Zuzug der durch Brand aus Gera vertriebenen Zsugmacher, Spinner und Wollkämmer. Ihrem Wunsche entsprechend, ließ Friedrich 1782 bis 1785 eine Mollzeugfabrik nach Geraer Art errichten, die noch heute bestehende „große" Fabrik, die sich jetzt im Besitze der Firma Tannenbaum, pariser L To. befindet. Anfangs befriedigten die Leistungen nur wenig, sie wurden besser, als in dem aus Frankfurt a. M. stammenden Thomas de Vins ein umsichtiger und tätiger „Verleger" gefunden war. Zwar haben Miß- Helligkeiten zwischen den Gewerksmeistern und de Vins die Entwicklung lange gestört; doch konnte der Verleger, der von Friedrich bedeutende Unterstützung erhielt, bewirken, daß 17ß3 weitere Spinnerhäuser errichtet wurden, und das zu einer Zeit, in der die Maschinenspinnerei schon vorhanden und nur der Übergang zu ihr helfen konnte. Trotzdem aber zogen ihn die schlechten Aeitverhältnisse ins Verderben. Bis zu seinem Tode 1805 hielt er die Fabrik aufrecht; nach ihm ging sie für 2000 Taler in den Besitz des Tamenzer Fabrikanten Gottlieb Busse über, der sie in eine Tuchfabrik umwandelte und damit der Geraer Zeugweberei ein Ende bereitete. Sie war tatsächlich an den ihr in bester Absicht gewährten Privilegien zugrunde gegangen. Neben der Busseschen Fabrik entstanden andere, deren Besitzer den alten Handwerksfamilien entstammten und die gefördert durch die Nähe Berlins den Ruf Luckenwaldes als Textilstadt begründeten.
Noch eine dritte Stadt im Areise, Dahme, hat sich früher eines blühenden Tuchgewerbes erfreut, von dem noch drei große Tuchfabriken zeugen, die indessen auf Leinen- und Wollweberei beschränkt blieben. Als ein seltener Fall bestehen hier auch von alters her Stipendien für studierende Tuchmacherssöhne. Von Beelitz ist nur bekannt, daß hier fleißig mit dem Spinnrad gearbeitet wurde, als noch einfädig gesponnen werden mußte.
In N e u - R u p p i n ist eine Gewandschneiderinnung 1323 bezeugt, aber das Textilgewerbe hat im Iß. Jahrhundert dieselbe rückläufige Entwicklung genommen wie in Jüterbog. Die wenigen zu Beginn des Iß. Jahrhunderts noch vorhandenen selbständigen Meister verschwanden oder verloren ihre Selbständigkeit an die unternehmenden Genossen, die zum Fabrikbetriebe übergingen. 1860 bestanden noch fünf ansehnliche Tuchfabriken für Armeetuche; heute sind auch sie verschwunden, die Stadt ist damit aus der Reihe der Textilstädte ausgeschieden.
Die lleumark. In den neumärkischen Städten zählte, wie überall in Brandenburg, das Tuchmachergewerbe zu den angesehensten. Bis in.die neuere Zeit noch als Textilstädte genannt, aber mehr oder weniger im Rückgang begriffen oder gar völlig ausgefchieden sind Aönigsberg, Soldin, Arnswalde, Driesen, Zielenzig, Rep- pen, Drossen, Bobersberg, wogegen die Wollengewerbe in Landsberg a. W, Neudamm, Trossen, Züllichau, Schwiebus noch zum Teil in außerordentlicher Blüte
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