Teil eines Werkes 
Bd. 2 (1910) Die Geschichte / von Gustav Albrecht ...
Entstehung
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19- Jahrhunderts brachte langanhaltende Lohnstreitigkeiten mit schweren Verlusten für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Die Produktion, die t8y5 schon f 80 000 Stück erreicht hatte, ging um sO OOO Stück zurück; doch betrug ihr Wert sstOO noch Millionen Mark. Auch die letzten zehn Jahre sind nicht ungünstig, wenn auch der Aufschwung seinen Höhepunkt anscheinend erreicht hat. Die etwa 2500 Uraft- stühle zählende Industrie hat sich um eine große Teppich- und eine Hutfabrik vermehrt. Dagegen ist die in Tottbus und Umgebung einst verbreitete Leinenindustrie als Hand­werk und Hausindustrie völlig eingegangen. Zurzeit sind in der Stadt jedoch noch etwa sHO Araftstühle für Filterstoffe, Pläne, Segeltuch und Säcke in Betrieb.

Die Niederlausitz, seit f8s5 mit Preußen vereinigt, hat in ihren Städten eine vorwiegend deutsche Bevölkerung schon seit dem s2. Jahrhundert. Wie bei Tottbus standen unter den Gewerken von jeher Tuchmacher und Weber an der Spitze, die im 19- Jahrhundert es wohl verstanden, die in den nahgelegenen Braunkohlengruben vorhandenen billigen Betriebsmittel zu verwenden. Doch so wichtig dieser Faktor auch ist, neben ihm hat die Intelligenz der Fabrikanten, ihr zeitiges Erkennen der Ge­schmacksrichtungen, ihr Eingehen auf die Tagesbedürfnisse, die einzig dastehende Entwicklung hervorgerufen, die gerade die Lausitz zu dem hervorragendsten In­dustriegelände der Mark, besonders aber ihre Städte zu den machtvollsten Stütz­punkten der Textilindustrie gemacht haben.

Die von alters her bedeutendste unter den niederlausitzer Städten ist Gu be n?) Verträge der Aönige Primislaus und Boleslaw von Polen mit dem Deutschen Orden (s238 und l243) sicherten dem Handel mit groben und feinen Tuchen und mit Lein­wand die Straße, die bei Trossen, später (f32H) bei Frankfurt die Oder kreuzte und auch nach Preußen führte, nachdem Neiße und Oder sich bereits als dankbare Ver­kehrswege erwiesen hatten. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß nach einer alten Nach­richt um s033 bereits an 100 Tuchweber in der Stadt gewesen sind, zu denen in der Mitte des s2. Jahrhunderts flandrische und fränkische Einwanderer kamen. Bis in das s5. Jahrhundert hinein behauptete der Gubener Handel erfolgreich seine Stel­lung, die erst durch innere Wirren erschüttert wurde. Im s7. und 18. Jahrhundert ist von einem Fortschritt des Gubener Textilgewerbes nichts mehr zu melden; ja es scheint, daß die von alters her gefertigten schweren Tuche nicht mehr so gesucht und geschätzt wurden wie in früheren Zeiten. Mit dem Übergang an Preußen f8f5 ver­söhnten sich die Bürger nach anfänglicher Zurückhaltung verhältnismäßig bald. Wie andernorts war der Umschwung zu einem neuen Leben lange Zeit durch den Um­stand gehemmt, daß noch bis Anfang des fst. Jahrhunderts ausschließlich auf Handstühlen, sogar aufzweimännischen", gewebt und nur Handgespinst ver­arbeitet wurde. Nach manchen Linzelunternehmen, die mit Unterstützung der preußischen Regierung die Firma G. Boehme und Devrient und später der Eng­länder William Lockerill ins Leben riefen, die zur Bildung kleiner Betriebe in der Umgebung ermutigten, kam neuer Unternehmungssinn erst 1843 auf, als der Tuch­fabrikant A. Fester die erste Fabrik anlegte, der bald andere folgten. Einzelne von

') Christ. Friede. Poppe. Zuverlässige Nachrichten von Guben.