Teil eines Werkes 
Bd. 6, Teil 1, Beih. (1920) Die vor- und frühgeschichtlichen Denkmäler des Kreises Lebus / unter der Schriftl. des Erich Blunck bearb. von Alfred Götze
Entstehung
Seite
XIV
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XIV VI. 1. Lebus.

Einrahmung der Ornamentbänder mit Punktreihen. Von alledem iſt in Stil B nichts zu ſpüren. Hier zeigen die Gefäße ſchon das abgerundete abſatzloſe Profil, wie es in der Latenezeit herrſchend wird. Daraus ergibt ſich ohne weiteres für Stil A das höhere Alter. Seine abſolute Zeitbeſtimmung läßt ſich nun ermitteln an der Hand des ſtarken Einfluſſes, den die ſüddeutſche Hallſtattkultur ausgeübt hat. Er iſt un­verkennbar im Gefäßprofil, in dem häufigen Ornamentmotiv des großen liegenden Kreuzes und in dem maleriſchen Moment der Ornamentierung. Man hat die Empfindung, daß die Göritzer Töpfer bemüht waren, die Buntmalerei der prächtigen ſüddeutſchen Hallſtattkeramik in Ermangelung eigener Maltechnik durch die Schatten­wirkung mannigfacher Tiefornamente zum Ausdruck zu bringen. Es iſt alſo Abſchnitt C der Hallſtattperiode(nach Reinecke), 800650 vor Chr., der auf die Ausgeſtaltung des älteren Göritzer Typus(Stil A) maßgebenden Einfluß hatte.

Anders verhält es ſich mit Stil B. Durch das Leitmotiv der imitierten Schnur verzierung nimmt er teil an einer Bewegung, die in der älteren Eiſenzeit weite Strecken Europas erfüllt und über das Gebiet der Hallſtattkultur im engeren Sinne hinausgeht. Man begegnet dieſer Verzierungstechnik faſt überall in Europa von Frankreich bis Südrußland, aber mit Ausnahme des germaniſchen Nordens, in deſſen Randgebiete ſie nur ſelten eindringt. Sie überſchreitet die Grenzen Europas in Troja , wo ſie der VII. Anſiedelung angehört, alſo einer Epoche, die ebenfalls unſerer älteſten Eiſenzeit gleichalterig iſt. Beſonders beliebt war fie in Ober⸗ und Mittel­ italien , wo ſie ihre ſtärkſte Entwickelung und vielleicht ihren Ausgangspunkt hatte.

Wenn die imitierte Schnurverzierung nun auch im Göritzer Typus ſtärker als in den meiſten anderen Gebieten hervortritt, ſo weiſt das auf engere Beziehungen zu Italien , als man auf den erſten Blick anzunehmen geneigt iſt. In dieſem Zu­ſammenhange bekommt ein Fundſtück aus dem nordöſtlichen Deutſchland beſondere Bedeutung: die merkwürdige, auf vier Säulen ſtehende Hausurne von Obliwitz in Hinterpommern. Auch ſie trägt als einzige deutſche Hausurne das imitierte Schnur ornament. Ihre Säulenfüße trennen fie und die in ihrer Nachbarſchaft gefundenen Hausurnen von Woedtke ebenſo von den übrigen deutſchen Hausurnen, wie ſie die Verbindung mit einem italiſchen Fund herſtellen, einer großen Hausurne aus Bronze­blech mit vier eiſernen Füßen von Civita Castellana im Muſeum der Villa Giulia in Rom . Zu den eigenartigengedrechſelten Füßen der drei pommerſchen Haus­urnen findet man ein Vorbild in dengedrechſelten Säulen einer etwas älteren italiſchen Hausurne von Campo Fattore, Comune di Marino bei Rom , die allerdings nicht als Träger der Urne dienen, ſondern neben der Tür ſtehen.

Bei derartigen Beziehungen zwiſchen Italien und dem nordöſtlichen Deutſchland iſt es nun auch nicht weiter verwunderlich, wenn eine der Begleiterſcheinungen des Göritzer Typus: blaue Glasperlen mit weißen Wellenbändern, die auf dünnen Eiſenringen aufgezogen als Schmuck getragen wurden(Abb. 29, 74; Clieſtow , Neuhardenberg , Neuhof, Platkow , Frankfurt ), zwar auch in anderen Gegenden, aber beſonders häufig wiederum in den früheiſenzeitlichen Friedhöfen Italiens vorkommen.