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Geschichte der Reformation in der Mark Brandenburg / Adolph Müller
Entstehung
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Einwirkung der Reformation Luthers auf die Mark während Joachims I. Regierung.

In einer Zeit, in welcher der Glaube faſt gänzlich erſtorben und dagegen wechſelsweiſe Aberglaube und Unglaube herrſchend iſt, in welcher ferner ein völliger Mangel an kuͤnſtleriſcher und wiſ ſenſchaftlicher Ausbildung zur tiefſten Ignoranz und Barbarei gefuͤhrt hat; in einer ſolchen Zeit giebt es zwei Wege, auf denen der Menſch ſich aus der tiefen Nacht zur Helle des Tages, zu einem geiſtig regſamen Zuſtande wieder hinaufarbeiten kann; der eine Weg fuͤhrt durch das Wiſſen, der andere durch den Glau­ben zu der beſſern Lebensſphaͤre. Waͤhrend jener nicht ohne Muͤhe, doch auch nicht ohne mannigfachen Genuß, indem er das Selbſtgefuͤhl befriedigt allmaͤhlig durch Studien, Erfah­rungen, Nachdenken zur Klarheit des Bewußtſeins und zur Veredlung des Lebens erhebt und daher meiſt von beguͤterten und geiſtig begabten Menſchen eingeſchlagen wird, geht der an dere, ſchwieriger, muͤhvoller, rauher als jener, daher ſeltner be treten, von wahrhaft bittrer Noth, innrer Zerknirſchung, vom Gefuͤhl menſchlicher Nichtigkeit und Verwerflichkeit aus, fuͤhrt zur Sehnſucht nach Erloͤſung, nach Frieden der Seele, und leitet den Geiſt durch gaͤnzliche Wiedergeburt zu einer Hoͤhe des Bewußtſeins und Lebens, auf der das Goͤttliche wie das Menſch liche klar und wahr angeſchaut wird.

Daß die meiſten Fuͤrſten aus dem erlauchten Geſchlechte der Hohenzollern, voll maͤnnlicher Kraft und hoher Energie, bei ihren Beſtrebungen, eine Umgeſtaltung des abgelebten, mittelalterlichen