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ſehen, oder in der Erreichung ihrer Privatabſichten durch die nothwendigen Maßregeln für das Allgemeine geſtoͤrt werden. Eben ſo iſt es mit den Nachbarſtaaten, und gegen alle dieſe Hemmniſſe muß der Fuͤrſt mit Weisheit und Maͤßigung, aber auch mit Kuͤhnheit und Energie verfahren. Dieſe Aufgabe aber zu loͤſen, dieſe hoͤchſte Einſicht wie dieſe hoͤchſte Willenskraft ſich zu verſchaffen, giebt es nur Ein Mittel: das Beſtreben, den eigenen menſchlichen Willen mit dem Willen Gottes in Ueberein— ſtimmung zu bringen, dem Zuge des Geiſtes zu folgen, der ſich als der göttliche Geiſt kund gibt.
Es iſt der weſentliche Unterſchied des chriſtlichen vor dem nichtchriſtlichen, des modernen vor dem antiken Staate, daß in jenem die hoͤchſte Macht als von Gott dem Herrſcher übergeben, in dieſem als von Menſchen Übertragen, oder durch eigenmaͤchtige, gewaltthaͤtige Aneignung erworben erſcheint. Dieſer Unterſchied wird aber dann erſt zur Wirklichkeit gebracht, der Staat beginnt dann erſt ein eigentlich chriſtlicher zu werden, und die Perſon wie die Wuͤrde des Fuͤrſten erhaͤlt dann erſt die wahre, hoͤchſte Weihe, wird Majeſtaͤt, wenn der Regent jene Einheit ſeines Willens mit dem Willen Gottes erſtrebt und bethaͤtigt, wenn das Geſetz ſeines Waltens dem Geſetze analog iſt, nach welchem Gott die Welt regiert, wenn der Zweck ſeines Handelns nicht ſein Ruhm und Vortheil, auch nicht das Gluͤck nur ſeines Vol— kes, ſondern die Wohlfahrt des Ganzen, die Verherrlichung Gottes iſt. Was ſo als Grundzug chriſtlicher Staaten über: haupt hervortritt, und auf einer niedern Stufe des Staatenlebens im deutſchen Reiche geſchichtlich zur Erſcheinung gelangt iſt, das gewahren wir in höherer Lauterkeit als koͤſtliches, ſegensreiches Familiengut in dem Fuͤrſtengeſchlechte der Hohenzollern. Seit dem erſten Auftreten derſelben in der Reihe deutſcher Re: genten hat ſich dies Kleinod in dem edlen Fuͤrſtenhauſe kund gethan einerſeits als gediegen frommer Sinn, als echte Gottes— furcht, andererſeits als das Bewußtſein der Berechtigung ihrer Herrſchaft durch Gott, als Geltendmachung und Anerkennung, als Bewahrung und Beſchuͤtzung der Es iſt ſchon geze befaͤhigt und
.Majeſtaͤt des Regenten. igt worden, wie gerade durch jenes Bewußtſein getrieben Joachim Neſtor den erſten wichtigen