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Die Schlacht bei Kesselsdorf : Vortrag, gehalten in der Militärischen Gesellschaft zu Berlin zur Feier des Friedrichstages 1904 (mit zwei Plänen in Steindruck) / von v. Lindenau
Entstehung
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Marſches geht der Angriff geradewegs auf den Dorfeingang! Ein verheerendes Feuer empfängt die braven Grenadiere. Sie bleiben im feſt entſchloſſenen Marſch, wenn auch der glatte Boden ſie zwingt, ſich gegenſeitig zu ſtützen. Als ſie in der Höhe ihrer Geſchütze anlangen, ſind die Verluſte ſchon ſo beträchtliche, daß die Bataillone ſtutzen.

Da rückt das Regiment Anhalt heran. Zum dritten Male in dieſem Kriege ſchreitet es auf ruhmvollem Angriffswege vorwärts. Indeſſen leichter als heute ward der Lorbeer gepflückt am Tage von Hohenfriedberg und weniger ſchwer am Tage von Soor beim Sturm auf die Graner Koppe. Zu mächtig wirkt heute von Keſſelsdorf herab das Feuer der großen ſächſiſchen Batterie. Zwar reißt das Regiment Anhalt die Grenadiere wieder mit ſich fort und dringt mit ihnen, geführt vom Generalmajor v. Hertzberg, bis an den Rand des Dorfes vor.

Dort aber ſtehen Sachſens tapfere Söhne feſt.

Die Lücken, die das Feuer geriſſen., find ſo beträchtliche, daß ſich nun an der feſten Haltung der Dorfverteidiger die Kraft des Angriffs bricht. General v. Hertzberg fällt und bei den Grenadieren haben Major v. Kleiſt, die Hauptleute v. König, v. Kamecke und v. Mach, die Leutnants v. Scheel und v. Wurmb den Heldentod mit 366 Grenadieren gefunden; Major v. Münchow, 13 andere Offiziere und 571 Grenadiere ſind ver­wundet. Vom Regiment Anhalt ſind die Premierleutnants v. Zaſtrow, v. Rinow, v. Göllnitz, v. Schenkendorf und der Fähnrich v. Kroſigk mit 208 Mann gefallen, der Oberſt v. Schwerin, 8 andere Offiziere und 31! Mann ſind verwundet.

Das ſind ſchwere Verluſte, die auch die Gefechtskraft der bravſten Truppe brechen mußten. Unter den Augen ihres Chefs hatte ſie das Beſte leiſten wollen und war doch geſcheitert. Mitten in ihrem Kampfe haben dem Feldmarſchall bereits drei Kugeln den Rock durchbohrt. Er kann es nicht glauben, daß ſein altes Soldatenglück ihn heute hier mit dieſer Truppe verlaſſen ſollte. Da bemerkt er die ſächſiſchen Grenadiere, die über die Zäune und Mauern des Dorfes ſpringen und in voreiligem Gegen ſtoß den Preußen nachdrängen. Sofort befiehlt er dem Oberſt v. Lüderitz, mit den Bonin-Dragonern einzuhauen.

Die Attacke gelingt über die glatten Schneeflächen hinweg in glänzendſter Weiſe, da ſich die ſächſiſchen Bataillone im Vorbrechen gelockert haben und das Feuer ihrer eigenen Geſchütze maskieren. Sie werden völlig überraſcht und auseinandergeſprengt!

Das allzukühne Vorbrechen aus ihrem Stützpunkte Keſſelsdorf ſoll den Sachſen noch in anderer Hinſicht teurer zu ſtehen kommen.

Generalleutnant v. Lehwald iſt mit den vier Regimentern Jeetze, Leys, Prinz Moritz und Herzberg mit klingendem Spiele und fliegenden Fahnen, durch die Bodengeſtaltung beſſer gedeckt als die Angreifer vom Lerchenbuſch,