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Arbeitszeit im Wandel : Möglichkeiten und Formen der Arbeitszeitgestaltung / von Helmut Glaubrecht; Dieter Wagner; Ernst Zander
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Arbeitszeitverkürzung und Tarifpolitik 55

Heute dominiert nach wie vor das beschäftigungspolitische Argument, wenn man von der Diskussion um Arbeitszeitverkürzungen für besonders belastete Arbeitnehmergruppen(ältere Arbeitnehmer, Schichtarbeiter, Arbeit unter besonderen Belastungen) einmal absieht. Die Haltung der Ta­rifparteien scheint dabei völlig konträr zu sein: Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände lehnt generelle Arbeitszeitverkürzungen als untaugliches Instrument der Beschäftigungspolitik schlichtweg ab. Dies gilt insbesondere für die Verkürzung der Wochenarbeitszeit bei vol­lem Lohnausgleich. Die Gewerkschaften sehen in der Arbeitszeitverkür­zung dagegen eher ein Allheilmittel, um die Arbeitslosigkeit zu beseitigen.

Wie die Berechnungen auseinanderklaffen können, zeigt folgende Über­sicht über den Beschäftigungseffekt der Arbeitszeitverkürzung von 40 auf 38,5 Stunden pro Woche in der Metallindustrie(vgl. Abb. 19).

Wie oft, wenn sich These und Antithese gegenüberstehen, könnte die Wahrheit in der Mitte liegen. Darüber hinaus sind beide Tarifparteien kein monolithischer Block. Auf seiten der Gewerkschaften gibt es unterschied­liche Meinungen sowohl über die Art der Arbeitszeitverkürzung als auch über die Frage des Lohnausgleichs. Einzelne Arbeitgeberverbände wieder­um sind unter bestimmten Bedingungen bereit, bestimmte Formen der Ar­beitszeitverkürzung zumindest zu diskutieren und flexible Lösungen anzu­streben. Dabei sei noch erwähnt, daß die Arbeitgeberverbände Arbeits­zeitverkürzungen meistens zunächst abzuwehren versuchten, wobei insbe­sondere in den anhaltenden Wachstumsphasen nach dem 2. Weltkrieg ihr Widerstand gegen die Forderungen der Gewerkschaften naturgemäß schwächer war.

1. Haltung der Arbeitgeberverbände

Die Arbeitgeberverbände haben immer wieder betont, daß sie Arbeitszeit­verkürzungen in beschäftigungspolitischer Hinsicht für weitgehend wir­kungslos halten. Sie haben mehrfach darauf hingewiesen, daß der mit Arbeitszeitverkürzungen verbundene Kostenanstieg nur teilweise durch Produktivitätsgewinne ausgeglichen werden könne.

4 Esser, O.: Perspektiven der Wirtschafts- und Sozialpolitik für die kommenden Jahre, Köln 1983, vgl. auch den Jahresbericht der BDA für 1986, S. 38:Damit haben sich die Einschränkungen der Arbeitgeberverbände bestätigt, daß generelle und pauschale Ar­beitszeitverkürzungen keinen Beschäftigungszuwachs initiieren. Arbeitsplätze nehmen bei dieser Argumentation statt dessen insbesondere dann zu, wenn die Produktion bei expandierenden Märkten ansteigt.