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Arbeitszeit im Wandel : Möglichkeiten und Formen der Arbeitszeitgestaltung / von Helmut Glaubrecht; Dieter Wagner; Ernst Zander
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70 Gesetzliche und tarifvertragliche Arbeitszeit in der Bundesrepublik

rechtlich Mehrarbeit über die 8-Stunden-Grenze hinaus bis zu 10 Stunden täglich an 30 Tagen im Jahr zulässig. Darüber hinaus gibt es Sonderbe­stimmungen, z.B. für Notarbeiten, Zeiten der Arbeitsbereitschaft sowie für Arbeitnehmer im öffentlichen Dienst, etwa bei der Bundeswehr.

$ 7, I AZO sieht vor, daß die regelmäßige Arbeitszeit durch Tarifvertrag auf bis zu 10 Stunden täglich verlängert werden kann. Dieser Bestimmung kommt in der Praxis so gut wie keine Bedeutung zu: Arbeitszeitverkürzun­gen nehmen auf absehbare Zeit einen völlig anderen Stellenwert ein als Ar­beitszeitverlängerungen. Die entscheidende Frage ist z. Z., ob und inwie­weit die 40-Stunden-Woche verkürzt werden soll. Der Vorschlag, im Ge­genteil Arbeitszeitverlängerungen als Mittel zur Lösung von Arbeitsmarkt­problemen einzusetzen, kommt dem Ruf des Mahners in der Wüste gleich.

3. Der Arbeitsschutz aus tarifvertraglicher und arbeitswissenschaftlicher Sicht

Durch die Vorschriften der Arbeitszeitordnung und der Gewerbeordnung, aber auch durch die Bestimmungen anderer Gesetze, wie z.B. das Laden­schlußgesetz, das Jugendarbeitsschutzgesetz und das Mutterschutzgesetz entsteht für die Unternehmen ein Rahmen für die Länge der Arbeitszeit, der nicht überschritten werden darf. Durch tarifvertragliche Regelungen werden diese Rahmenbedingungen in vielen Fällen jedoch unterschritten.

Während von Arbeitgeberseite argumentiert wird, daß eine Vielzahl von Schutzvorschriften, die in wesentlichen Dingen auch arbeitsbezogen sind, die Unternehmen in ihrer Handlungsfreiheit lähmen und den angestrebten guten Zweck oft in das Gegenteil verkehren, plädieren die Gewerkschaf­ten für den Ausbau des Arbeitszeitschutzes und die Festschreibung der 40­Stunden-Woche als Höchstarbeitszeit. Darüber hinaus sind sie für die Ab­geltung von Mehrarbeit durch Freizeitausgleich. Hierdurch würde die von den Unternehmen beklagte Inflexibilität immer dann weiter verschärft, wenn durch die Höhe der Produktionsauslastung keine Möglichkeit hierzu besteht.

Arbeitsmedizinische Untersuchungen zeigen, daß manche Vorschriften der Arbeitszeitordnung nicht mehr zeitgemäß sind. Dies gilt insbesondere für das Verbot der Nachtarbeit von Arbeiterinnen,° wonach diesenicht

69 Vgl.$ 19 AZO.