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Arbeitszeit im Wandel : Möglichkeiten und Formen der Arbeitszeitgestaltung / von Helmut Glaubrecht; Dieter Wagner; Ernst Zander
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Entwicklung der Wochenarbeitszeit 97

I. Entwicklung der Wochenarbeitszeit

Wie schon im ersten Kapitel unseres Buches beschrieben, ist Arbeitszeit­verkürzung ein historischer Prozeß, der mit Beginn der Industrialisierung eingesetzt hat und mit unterschiedlicher Intensität bis zur Gegenwart fest­zustellen ist. Geht man von der effektiven Arbeitszeit aus, d.h. berück­sichtigt man sowohl die angefallenen Überstunden als auch die notwendig gewordene Kurzarbeit, ist die Anzahl der durchschnittlich bezahlten Wo­chenarbeitsstunden männlicher Industriearbeiter von 1950 auf 1986 um ca. 21% auf etwa 39 Stunden zurückgegangen.

1. Effektive Wochenarbeitszeit

Heute arbeiten etwa 72% aller Arbeitnehmer 40 Stunden pro Woche oder weniger. Allerdings arbeiten ca. 28% noch mehr als 40 Stunden(vgl. Abb. 32). Dies ist allerdings nicht weiter verwunderlich, weil nicht nur Mehrarbeit und Kurzarbeit, sondern auch Teilzeit-Beschäftigungen zu be­rücksichtigen sind. Die 40-Stunden-Woche als Regel-Arbeitszeit gilt aller­dings nicht für Selbständige: hier arbeitet mehr als die Hälfte 55 Stunden pro Woche und mehr. Berücksichtigt man einen freien Arbeitstag pro Wo­che, sind das mehr als neun Stunden pro Arbeitstag.

2. Tarifliche Wochenarbeitszeit

Geht man hingegen von der tariflichen Arbeitszeit der unselbständigen Ar­beitnehmer aus, wird die 40-Stunden-Woche(oder weniger) in der Bundes­republik Deutschland die Regel darstellen, wobei es zwischen männlichen und weiblichen Arbeitnehmern deutliche Unterschiede gibt. Frauen sind in stärkerem Maße als Männer teilzeitbeschäftigt. Wie wir in unserem inter­nationalen Überblick bereits zeigten®, kann die 40-Stunden-Woche nicht mehr als unüberwindbare Schallmauer angesehen werden. In mehreren Ländern der Europäischen Gemeinschaft und anderen europäischen Län­dern ist sie bereits aufgrund entsprechender gesetzlicher und tarifvertragli­cher Regelungen deutlich unterschritten worden. Die vorläufige Fest­schreibung der 40-Stunden-Woche galt auch in Deutschland zunächst nur bis Ende 1983, weil dann verschiedene Manteltarifverträge insbesondere in der Metallindustrie und in der Druckereibranche kündbar wurden. Mitt­lerweile hat durch die Einführung der38,5-Stunden-Woche für ca. 25%

8% Vgl.S.76ff. d. B.