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Arbeitszeit im Wandel : Möglichkeiten und Formen der Arbeitszeitgestaltung / von Helmut Glaubrecht; Dieter Wagner; Ernst Zander
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110 Haltung der Tarifvertragsparteien

zugedacht wird, den vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand durch entspre­chende Maßnahmen zu erleichtern.

e) Arbeitszeitverkürzung mit oder ohne Lohnausgleich?

Unterschiede gibt es zwischen den einzelnen Gewerkschaften auch hin­sichtlich der Frage des Lohnausgleichs. So hat die IG Druck und Papier mehrfach betont, daß sie zusammen mit der IG Metall, der Gewerkschaft HBV und in regionalen Bereichen mit der Gewerkschaft Holz und Kunst­stoff nach der Aufkündigung der Manteltarifverträge zum 31. Dezember 1983 die Einführung der 35-Stunden-Woche in zwei Schritten zu je zwei­einhalb Stunden bei vollen Lohnausgleich anstreben wolle. Demgegen­über sollte man nach Auffassung der Gewerkschaft Textil und Bekleidung (GTB) den Mut haben, zwar für eine Arbeitszeitverkürzung einzutreten, den Arbeitnehmern aber auch zu verdeutlichen, daß dies nicht bei vollem Lohnausgleich möglich sei. Ähnlicher Ansicht ist auch die Gewerkschaft NGG und die Sozialdemokratische Partei Deutschlands.

Allerdings ist auch Leonhard Mahlein von der IG Druck und Papier der Meinung, und die Entwicklung der letzten Jahre gibt ihm recht, daß immer dann, wenn Arbeitszeitverkürzungen vereinbart worden sind, die Lohner­höhungen niedriger ausfallen.!® Angesichts der Tatsache, daß praktisch alle Gewerkschaftsführer einschließlich der Deutschen Angestellten-Ge­werkschaft deutliche Senkungen der Wochenarbeitszeit mit einer ent­sprechenden Kostenbelastung für die Unternehmen fordern, ist dies nur ein relativ schwacher Trost, weil es sich faktisch wohl um einen einmaligen Nachlaß handelt, der jederzeit wieder ausgeglichen werden kann.

f) Starre oder flexible Arbeitszeitverkürzung?

Abschließend sei bemerkt, daß immer noch viele Gewerkschaften den Be­strebungen mancher Arbeitgeber, betriebsindividuelle flexible Arbeitszeit­regelungen einzuführen, ablehnend gegenüberstehen. Teilzeitarbeit gilt oftmals als gewerkschaftsschädlich, weil Teilzeitbeschäftigte einen niedri­geren Organisationsgrad aufweisen. Darüber hinaus haben Teilzeitbe­schäftigungen(z.B. halb- oder dreivierteltags) formale Ähnlichkeit mit einer Verkürzung der Wochenarbeitszeit ohne Lohnausgleich. Außerdem ist Teilzeitarbeit nur in wenigen Branchen, wie z.B. in der chemischen In­

9 Vgl. z.B. die Frankfurter Rundschau v. 25. 02. 1983, 5. 1f. 100 Vgl. Süddeutsche Zeitung v. 15. 12. 1982, S. 26.