122 Grundsätzliche Aspekte einer Verkürzung der Lebensarbeitszeit
I. Grundsätzliche Aspekte einer Verkürzung der Lebensarbeitszeit
Die Verkürzung der Lebensarbeitszeit durch die Herabsetzung des Rentenalters ist gleichermaßen beliebt wie aktuell. Sie wird bekanntlich von den meisten Arbeitnehmern einer Verkürzung der Wochenarbeitszeit vorgezogen, was nicht ausschließt, daß bei den Betroffenen die Sehnsucht nach dem Ruhestand mit zunehmendem Alter abnimmt. Gleichwohl befürwortet nach Untersuchungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit in München mehr als die Hälfte der über 45jährigen eine Vorziehung des Ruhestandes.!22
1. Motive für eine Verkürzung der Lebensarbeitszeit
Beliebt ist die Vorziehung des Ruhestandes wegen der in der Einleitung beschriebenen Mangelsituation auf dem Arbeitsmarkt. Sie wird von den Gewerkschaften entweder als Ergänzung einer Verkürzung der Wochenarbeitszeit gefordert(z.B. IG Metall) oder dieser Variante der Arbeitszeitverkürzung sogar vorgezogen(z.B. Gewerkschaft NGG). Für den DAGVorsitzenden Brandt gilt als Ziel, daß jeder Arbeitnehmer mit 60 Jahren in den Ruhestand treten kann und 1984 der Einstieg in die 35-Stunden-Woche erfolgt.!? Diesem Ziel sind wir mittlerweile schon ziemlich nahegekommen.
Dabei sind sich die meisten Experten einig, daß es die„große Lösung, die gleichzeitige und generelle Verkürzung von Lebens- und Wochenarbeitszeit“!24 kaum geben wird, weil keine ausreichenden finanziellen Mittel vorhanden sind. Nicht von ungefähr wird von der Regierungskoalition sogar im stillen die Heraufsetzung der Ruhestandsgrenzen für Frauen von 60 auf 63 Jahre diskutiert. Das lange Zeit ausstehende Urteil des Bundesverfassungsgerichtes über die Verfassungsmäßigkeit des unterschiedlichen Rentenbeginns für Männer und Frauen scheint hier auch einen nützlichen Vorwand darzustellen, um die Rentenfinanzen für einen längeren Zeitraum wieder in Ordnung zu bringen. Schließlich macht eine höhere Lebenserwartung auch eine Neuberechnung der Lebensrente notwendig. Mittlerweile ist die angezweifelte Verfassungsmäßigkeit jedoch bestätigt worden.
122 Vgl. auch: Bäcker, G.; Naegele, G.: Arbeitsmarkt, Altersgrenze und die Ausgliederung älterer Arbeitnehmer, WSI-Mitteilungen 1981, S. 686.
123 Bild-Zeitung, 9. Mai 1983.
124 Arbeitszeitverkürzung— Abschied von Illusionen, Wirtschaftswoche 18/1983, S. 71.