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Arbeitszeit im Wandel : Möglichkeiten und Formen der Arbeitszeitgestaltung / von Helmut Glaubrecht; Dieter Wagner; Ernst Zander
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Pro

Argument

Arbeitsmarkt politische Komponente

Für die ausgeschiedenen älteren Arbeitnehmer wer­den z. B. jugendliche Arbeitslose eingestellt, dies gilt v.a. dann, wenn die Unternehmen eine tarifvertragli­che Beschäftigungsgarantie abgeben;

die Modelle, in denen die Mittel für die Tarifrente aus den Lohn- und Gehaltsrunden, der Arbeitslosen­und/oder Rentenversicherung nur unter der Bedin­gung von Neueinstellungen bereitgestellt werden, ge­währleisten, daß diese Gelder unmittelbar beschäfti­gungswirksam werden;

die Garantie von Neueinstellungen verhindert, daß die Arbeitszeitverkürzung durch Produktivitätsstei­gerungen kompensiert wird;

die 35-Stunden-Woche ist aktuell nur in kleinen Schritten zu erreichen, eine zunächst z. B. nur Istün­dige Verkürzung der Wochenarbeitszeit würde fast vollständig durch Produktivitätssteigerungen aufge­fangen werden;

die Forderung nach der Tarifrente kann sofort ge­stellt werden, während die Wochenarbeitszeit in den meisten Tarifverträgen z. Zt. nicht kündbar ist.

Kontra

Die Unternehmen werden die Tarifrente nur als weite­re Möglichkeit zum Personalabbau durch Ausnutzung der Altersfluktuation einsetzen; einige Modelle sind nur Varianten eines einmaligen oder dauerhaften So­zialplans für ältere Arbeitnehmer;

die Einlösung der Neueinstellungsgarantie ist nur schwer betrieblich oder durch überbetriebliche Instan­zen zu kontrollieren, dennoch werden die Unterneh­men diesem Forderungsteil entschiedenen Widerstand entgegensetzen, und für die Tarifrente neben dem Preis des Lohnverzichts auch den der weiteren Fest­schreibung der Wochenarbeitszeit verlangen;

um mit einer Lebensarbeitszeitverkürzung den glei­chen Effekt wie mit der 35-Stunden-Woche zu erzie­len, müßte die Altersgrenze auf 50, 51 oder maximal 52 Jahre reduziert werden(je nach Altersstruktur der Tarifbereiche);

auch in die Forderung nach Verkürzung der Wochen­arbeitszeit kann eine Beschäftigungsgarantie(z. B. be­zogen auf das betriebliche Arbeitsvolumen) integriert werden, deren Einlösung leichter kontrollierbar wäre und einen höheren Beschäftigungseffekt hätte.

Humanisierung der Arbeit

Die Anzahl der älteren Arbeitnehmer, die vor Errei­chen der gesetzlichen Altersgrenze wegen Erwerbs­oder Berufsunfähigkeit in den Ruhestand gehen müs­sen, steigt seit Jahren beträchtlich. Eine tarifvertrag­liche Vorverlegung der Altersgrenze schützt die älte­ren Arbeitnehmer vor weiteren gesundheitlichen Schäden.

Jede Vorverlegung der Altersgrenze führt dazu, daß die Arbeitsbedingungen immer mehr auf die Bela­stungsfähigkeit junger, gesunder Menschen abgestellt werden und erzeugt so den Zwang zu immer weiter vorgezogener Altersgrenze, bis in den Betrieben nur nocholympiareife Mannschaften arbeitsfähig sind; das Interesse der Arbeitnehmer an vorzeitigem Ruhe­stand wird durch die Arbeitsbedingungen erzeugt, es geht darum, diese Bedingungen zu verändern und nicht darum, die Alten in die Rente abzuschieben;

die in den Modellen vorgeseheneFreiwilligkeit ver­kehrt sich in der betrieblichen Realität in den Zwang, Sreiwillig den Arbeitsplatz zu räumen.

Die Vorruhestandsregelung

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