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Arbeitszeit im Wandel : Möglichkeiten und Formen der Arbeitszeitgestaltung / von Helmut Glaubrecht; Dieter Wagner; Ernst Zander
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Arbeitszeitflexibilisierung durch Teilzeitarbeit und Job-sharing 235

Auswirkungen von Teilzeitarbeit auf die individuelle Rente

(gesetzliche Rentenversicherung)

Durch den proportional zum Einkommen steigenden Rentenanspruch, der unabhän­

gig von der zeitlichen Lage der Versicherungsjahre entsteht, wird Teilzeitarbeit gerade

für langjährige Vollzeitmitarbeiter besonders interessant, da die Renteneinbuße für sie relativ gering ist.

Beispiel 1: Mitarbeiter A, 53 Jahre alt, 38 Versicherungsjahre, überlegt, ob er für die letzten zehn Jahre seines Berufslebens auf SOprozentige Teilzeit wechseln soll:

Alternative I: weiterhin Vollzeit, Rentenanspruch 100 Prozent.

Alternative II: ab jetzt Teilzeit, Rentenanspruch 89,6 Prozent, d.h. pro Jahr Teilzeitbeschäftigung entsteht eine Verminderung des Rentenanspruchs von ca. ein Prozent.

Beispiel 2: Mitarbeiter B, 55 Jahre alt, schwerbehindert, 40 Versicherungsjahre, überlegt, ob er die letzten fünf Jahre auf SOprozentige Teilzeit wechseln soll:

Alternative I: weiterhin Vollzeit, Rentenanspruch 100 Prozent.

Alternative II: Teilzeit 5 Jahre, Rentenanspruch 96,7 Prozent, d.h. pro Jahr Teilzeitbeschäftigung entsteht eine Verminderung des Rentenanspruchs von ca. 0,7 Prozent.

Etwas anders sieht die Situation dann aus, wenn der Mitarbeiter bisher nur wenige Be­

rufsjahre aufzuweisen hat, z.B. wegen Unterbrechung des Berufslebens aus familiä­

ren Gründen(Ehefrau mit Kindern).

Beispiel 3: Mitarbeiter C, 40 Jahre alt, zehn Versicherungsjahre, überlegt, wie sich eine langjährige SOprozentige Teilzeitarbeit auf die Rente auswirkt: Alternative I: Vollzeit noch 20 Jahre, Rentenanspruch 100 Prozent. Alternative II: Teilzeit noch 20 Jahre, Rentenanspruch 66,6 Prozent,

d.h. pro Jahr Teilzeitbeschäftigung entsteht eine Vermin­derung des Rentenanspruchs von ca. 1,7 Prozent.

Andererseits bietet die Teilzeit für den Mitarbeiterkreis, der die notwendige Mindest­

zahl an Versicherungsjahren noch nicht erreicht hat und für den eine Vollzeittätigkeit

aus familiären oder sonstigen Gründen nicht in Frage kommt, die einzige Möglich­keit, überhaupt einen Rentenanspruch zu erwerben. Die gewählten Beispiele gehen aus Vereinfachungsgründen von jeweils proportional zum Durchschnittseinkommen der berufstätigen Bevölkerung steigenden persönlichen Einkommen aus. BeiKarrie­resprüngen oder bei über der Beitragsbemessungsgrenze liegenden Einkommen kön­nen sich im Einzelfall höhere oder auch geringere Einbußen ergeben.

6. Stellung der Gewerkschaften zur Teilzeitarbeit

Die Gewerkschaften stehen der Teilzeitarbeit überwiegend ablehnend gegenüber. Sie fürchten in erster Linie um ihren Einfluß und um Beitrags­zahler. Denn Teilzeitbeschäftigte sind erfahrungsgemäß schwerer zu orga­nisieren und fühlen sich weniger abhängig. Sie entwickeln daher ein ge­ringeres Bedürfnis, ihre soziale Situation durch Mitgliedschaft in einer Ar­