244 Arbeitszeitflexibilisierung durch Teilzeitarbeit und Job-sharing
waren, mochte niemand so recht an den Abbau dieser betriebswirtschaftlich nicht mehr benötigten Arbeitskräfte denken. Die Neigung zu ökonomischer Rationalität wurde auch entscheidend durch die Mitwirkungsrechte der Betriebsräte und durch Pressionen der Gewerkschaften gebremst. Dadurch unterblieben Strukturanpassungen und Betriebseinschränkungen bzw. Stillegungen. Es sind sogar Fälle bekanntgeworden, in denen Unternehmen sich verpflichten mußten, im Gegenzug zur Schließung eines Betriebes einen anderen auszubauen, obgleich beide Fabriken — betriebswirtschaftlich gesehen— überflüssig waren. Man kann in solchen Fällen von Sozialwerken sprechen.
Da sich diese Vorgänge regelmäßig nicht im Lichte der Öffentlichkeit abspielten, ja gelegentlich in ihrer wahren Bedeutung sogar den Handelnden verborgen blieben und sie im Bewußtsein der betriebswirtschaftlichen Unvernunft eine solche Entscheidung nicht getroffen hätten, lassen sich zuverlässige Aussagen über den Umfang dieser verdeckten Arbeitslosigkeit nicht machen. Hier sind wir auf Vermutungen ebenso angewiesen wie bei der Schätzung des Anteils der Arbeitsunwilligen unter den Arbeitslosen. Jedoch mag die Zahl dieser verdeckten Arbeitslosen bei ca. 750 000 Arbeitnehmern liegen.
Schuld an dieser Entwicklung trugen ohne Zweifel in erheblichem Umfange die Tarifpartner. Beide Seiten— Arbeitgeber wie Gewerkschaften— haben, wenn auch in unterschiedlichem Maße, die Illusion entstehen lassen, man könne mehr verteilen als erwirtschaftet wird und weniger leisten als bezahlt wird. Gesündigt haben beide Seiten: Die einen durch unmäßiges Fordern, die anderen durch zu große Nachgiebigkeit. Allerdings waren die Karten auch schlecht gemischt. Das wirtschaftliche Wachstum, reichlich sprudelnde Gewinne in einigen Branchen, wachsende Märkte und der schier unerschütterliche Glaube, man werde die Lohnkosten schon durch flotte Preisgestaltung überholen können, beherrschten die Szene.
Das war der Boden, auf dem die Nominallöhne zwischen 1970 und 1985 kontinuierlich gestiegen sind. Beinahe noch verhängnisvoller wirkte sich der ständige Anstieg der Personalzusatzleistungen aus. Diese, neben dem vertraglich geschuldeten Entgelt gewährten Leistungen, oft auch als 2. Lohn bezeichnet?$3, umfassen z. B. vermögenswirksame Leistungen, Verdienstsicherungen und die betriebliche Altersversorgung, die bei Teilzeitarbeit oft proportional höher sind als bei Vollzeitarbeit.
253 Vgl. Knebel, H./Zander, E.: Der zweite Lohn, Bonn 1982 und Glaubrecht, H., Die Beteiligungsrechte des Betriebsrats beim Abbau von Personalzusatzleistungen, HBV, Gr. 4, 5. 185, Freiburg 1987.