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habe, welches zugleich immer Gestaltung des Fuhlens und notwendig selber erfühlt wird. Nur legt Cohen den Ton auf das Fühlen von innen her, ich auf das Gestalten, das doch ebenso gewiß nicht von außen herein, sondern von innen heraus geschieht; so wie wir nach Goethe die Gedichte als gemalte Fensterscheiben nicht von außen, „vom Markt in die Kirche hinein", sondern von innen, aus der „heiligen Kapelle" hinaus schauen sollen. Daher deckt sich dieser Gegensatz jedenfalls nicht mit dem heute allgeläufigen von Impression und Expression. Sondern, wenn man denn schon eins von beiden sein muß, sind wir wohl eher beide Expressionisten. Cohen deutet eigentlich den Impressionismus selbst expressionistisch, jedenfalls idealistisch. Den erklärten Expressionismus zieht seine Aesthetik noch kaum in Betracht; in der altägyptischen, in der gotischen Kunst beachtet er ihn nicht, die ostasiatische scheint ihm fremd geblieben zu sein. Am nächsten kommt er, ohne es zu wissen, dem Sinn des Expressionismus in seiner Auffassung des späten Beethoven, in dem in der Tat nur ungeheuerlicher Mißverstand irgend etwas von Impressionismus finden kann. Alle künstlerische Gestaltung ist ihm Ausdruck, Entfaltung, Enthüllung des Innern, setzt das Innere, das sich ausdrückt, voraus und fordert es; es ist nicht, wie Croce meint, Ausdruck des Eindrucks. Und indem Lohen das ablehnt, vermeidet er auch nicht es, neben „Entfaltung, Enthüllung", auch „Gestaltung" zu nennen. Was nach Abstreifung der Fallen und Hüllen zutage kommt, kann ja nur die Gestalt sein, die nackte, falten- und hüllenlose, eigene Gestalt des Innern, das nur so ganz sich ausdrücken kann, daß es seine Gestalt in die Seele des Andern einzeichnet. Das aber ist das reine Prinzip der Expression, im Gegensatz zur Impression. Das Innere aber, das zur Gestalt sich ausprägt, muß wohl, eben sofern es alles Aeußere nur als Ausdrucksmittel, also nur nach seiner ausdrückenden Dynamik wertet, das Gesamtgeistige sein. Daher wird, wer als ganzer Mensch im Künstlerischen lebt, das Künstlerische stets expressionistisch und nicht impressionistisch empfinden.