Zeitschrift 
Potsdamer Jahresschau
Seite
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Der Prinz zankt Ein Brief an die Lichtenau Mitgeteilt von Bertold A. Haase-Faulenorth

Das Lebensbild der Gräfin von Lichtenau, der ungekrönten Königin Preußens, if in großen Umriffen jedem Potsdamer vertraut, wenn auch meift leider in der Vers zerrung, die eine über Hundert Jahre plätfchernde Flut von Schmähfchriften bewirkt hat, Gerade wir Potsdamer haben übrigens Gelegenheit, in Hans Kanias Büchlein Barberina und Lichtenau die einzige bis Heute vorhandene faft vollkommen febhler­freie Schilderung ihres Lebens in gefhmackvoller Kürze nachzulefen.

Aus der leßten Sturm: und Drangzeit jener denkwürdigen Liebesgefchichte des Prinzen von Preußen, fpäteren Königs Friedrich Wilhelm IL und der Heinen Mufikersz tochter Wilhelmine Enke ift nun ein Brief erhalten, den ich aus der Kenntnis Hunderter von Briefen des Königs und Taufender von Aktenfolios Heraus als einzigartig bezeichnen möchte,

Er ift undatiert, wie fo viele Briefe Friedrich Wilhelms, doch möchte ich ihn in die Sabhre 17781780 verlegen. Noch ift die Glut ftürmifcher Liebe zu Wilhelmine nicht erlofchen, noch ift er der Frau zärtlich zugetan, der er in Falkenhagen 1770 jenen Ring weihte, deffen eingraviertesLPG noch immer der Deutung durch die Torfcher harrt, Ver in Wilhelmine, damals Mutter dreier jung verftorbener Kinder des Prinzen, ift außerhalb des Verhältniffes zuihrem lieben Herrn die AnredeFIriß{ft eine Yhantafie Ludwig Sternaur eine leichte Veränderung des Charakters vorgegangen, Dem befcheidenen Mädchen, das noch kurz zuvor als Mutter wilder Hohenzollernreifer, bei Bethge in Berlin einquartiert, fich Effen aus dem Speifehaus holen mußte, da der Prinz ihr faft nichts geben Konnte, ift, menfchlich nur zu verftändlich, das Sefchent eines Landhäuschens in Charlottenburg fo ins Köpfchen geftiegen, daß fie, vom Prinzen reich­licher befchenkt, zum erften Male in ihrem Leben viel Geld ausgibt und, eine der{hönften Frauen ihres Jahrhunderts, den Huldigungen eines Berliner Rittmeifters vielleicht ift es Hauptmann SGualteri mit etwas offenerem Dhre Laufcht, als Prinz Wilhelm {chäßt. Jedenfalls fchnappt, wie wir im zwanzigften Jahrhundert fagen, der Thron: folger hörbar ein und produziert den Haffifchen Brief, der hier mitgeteilt fein foll:

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