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Liebe, die der Töpfer für sein eigenes Gerät beweist, indem er es nach besten Kräften schmückt, nicht nach einem feststehenden Muster, sondern in immer neuen Wandlungen die alten Motive wiederholend, sodaß jedes als ein ganz persönliches Stück die Werkstatt verläßt, und daß er dabei ein sicheres Gefühl für das Beleben der Fläche, ein feines Empfinden für Farbenwerte beweist. Jeder einzelne dieser Töpfe, wo man ihn auch hinstellen würde, würde das Auge wohltuend berühren, als ein aus gesundem Empfinden herausgewachsenes Stück Heimatkunst.
Eine besondere Erwähnung verdienen noch die Sprüche, die in weißer Schrift, auch als schmückendes Ornament wirkend, auf einen Teil der Töpfe eingebrannt sind. Sie sind gar verschiedener Art, übermütig, wie der Augenblick sie eingegeben hat:
„Wenn nun Nahwer mult und brummt,
Kriecht he en Pohr nau."
Oder:
„Unser Hans, der ist mal klug,
Trinkt zu Hause und im Krug."
Ernst und fromm:
„Gott, du bist unsere Zuversicht für und für,
Ehe die Berge waren."
Ehrbar und tüchtig:
„Immer will ich fleißig sein,
So lange mir die Sonne scheint."
Oder:
„Ein Herz, das sich mit Sorgen quält,
Hat selten frohe Stunden."
An vergessene Lieder anklingend:
„Hier sitz ich auf Rasen, mit Veilchen bekränzt,
Bekränzt mich mit Rosen und gebt mir ein Mädchen."
Oder ganz aus persönlicher Stimmung entspringend:
„Franz, komm wir wollen nach Frankreich gehn,
Denn dort ist —."
Was dort ist, verschweigt der Künstler. Endlich enthält noch ein brauuglasierter Blumentopf die Inschrift: „Aus Liebe. Am 1. Mai 1876."
So klingt ein Stückchen ganz persönlichen Lebens aus diesen Sprüchen herüber. Wir glauben den Töpfer zu sehen, wie er froh oder nachdenkend jedem seiner Geräte etwas von seiner Seele mitgibt, und wir bedauern einmal wieder schmerzlich, daß seelenlose, billige Fabrikwaren diese Heimattöpferei voll reicher menschlicher Beziehung so ganz verdrängen konnte. Wie gern möchte man in solcher Töpferwerkstatt stehen, in der der Meister formt und malt, sich die fertig gebrannte Ware mit ihrer schönen, glänzenden Glasur betrachten und sich das Stück wählen, das gerade der eigenen Stimmung entspricht. Ob eine Wiederbelebung dieser Heimatindustrie ganz unmöglich wäre? Au einem anderen Orte ist sie geglückt, in Bürgel in Thüringen. Auch dort war die einstmals blühende Töpferei vollständig eingeschlasen. Nur ein alter Töpfer, der das Handwerk noch kannte, lebte noch. Wandervögel sammelten Aufträge für ihn
und als er sah, daß er Arbeit genug für ein halbes Jahr haben würde, begann
er seinen Betrieb von neuem. Es hat dann an Aufträgen nie mehr gefehlt,
und heute sind 60—60 Töpfer in Bürgel tätig. Ob sich bei uns in be
scheidenerem Umfange etwas Aehnliches erreichen ließe?
Zum Schluß sei noch die Bitte an unsere Leser und Mitglieder gerichtet, die Sammlung der Blumenthaler Gefäße in unserem Museum nach Kräften zu vermehren. Viele solcher Stücke befinden sich noch im Privatbesitz. Es ist zerbrechliche Ware. Schade, wenn sie kaputt gehen und die Scherben fort- geworsen werden. Im Museum sind sie gut aufgehoben und können noch lange die Besucher erfreuen und zum Nachdenken anregen. Auch schadhafte Stücke, die für den Besitzer keinen Wert mehr haben, können im Museum noch zu Ehren kommen.