Heft 
(1927) 3/4
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Militärkommission ließ kurzerhand zwei rechtschaffene Bürger, den Kämmerer Schulze uud den Kaufmann Kersten,wegen angeblicher Begünstigung preußischer Truppen" erschießen.

Im 19. Jahrh. bildete der Ackerbau die Hauptnahrung der Bürger. In­folge der um 1834 ausgeführten Separation wurden auf dem Stadtfelde ver­schiedene Niederlassungen angelegt, die zu den bereits im 18 Jahrh. entstandenen Kolonien Sechzehn-Eichen und Stolpe hinzutraten. Der 4678 llu umfassende städtische Grundbesitz wurde nach Aufhebung der gemeinschaftlichen Hütung zum großen Teil angesamt, so daß eine Haupteinnahme der Kämmerei heute aus den Forsten fließt. Ein schwerer Schlag für die Stadt war der Verlust der Garnison (1878). Immerhin erfreut sie sich als Sitz des Laudratsamtes (seit 1817), sowie als Knotenpunkt verschiedener Chausseen und Eisenbahnen eines ziemlichen Verkehrs und Wohlstandes.

Kyritz in vor- und frühgeschichtlicher Zeit.

Von Dr. Walter Matthe s.

Es hat einen besonderen Reiz, in einem enger begrenzten Bezirk das Leben der vergangenen Jahrhunderte zu erschließen und zu verfolgen, wie etwa eine Stadt geworden und gewachsen ist oder in einer kleinen Landschaft sich das geschichtliche Leben abgespielt hat.. Uno tatsächlich erfreuen sich Stadt- und Heimatgeschichten, soweit sie unter Berücksichtigung der größeren Zusammenhänge geschrieben sind, heute der allgemeinen Beliebtheit.

Die Stadt- und Lokalgeschichten, die durch Erforschung und Verwertung schriftlicher Quellen und Urkunden zu Stande kommen, können bei uns in der Prignitz mit ihrer Darstellung erst im 13. Jahrhundert nach Christus anfangen, da zu dieser Zeit dasgeschichtliche" Leben mit der städtischen Entwicklung und historischen Ueberlieferung beginnt. Daß auch vorher schon Menschen den Boden der Kyritzer Feldmark betreten und bewohnt haben, ist schon ans allgemeinen Erwägungen zu schließen und geht auch aus ganz vereinzelten Nachrichten älterer Schriftsteller hervor, welche über dieses Gebiet nicht besonders berichten, aber doch über die Bevölkerungsverhältnisse Nord- und Ostdeutschlands allgemeine Angaben machen.

Lauge Zeit konnte man sich nur unbestimmte Vorstellungen von dem menschlichen Leben bilden, das vor dem Beginn der geschichtlichen Zeit auf dem Boden eines engeren Bezirkes unserer Heimat vorhanden gewesen ist. Erst nachdem im Verlauf der letzten Jahrzehnte die Vorgeschichtsforschung ihren un­geahnten Aufschwung genommen hat und es ihr gelungen ist, ganz andere Urkunden als die von Papier oder Pergament zum Reden zu bringen, läßt sich auch im Rahmen einer begrenzten Landschaft sei es Provinz, Kreis, Stadt oder Dorf das menschliche Leben der Vorzeit wieder erfassen. Sogar die Volkszugehörigkeit der alten, längst vergessenen Bewohner ist häufig zu er­mitteln; und es sind äußerst interessante Einblicke in ihr kulturelles Leben und in ihre technische Fertigkeiten zu gewinnen.

DieUrkunden", welche die neuentstandene Vorgeschichtsforschung zum Sprechen bringt, sind Bodenfunde und Bodendenkmäler, die dem Laien häufig so unscheinbar und belanglos Vorkommen. Zumeist sind es die Gegenstände, die an den alten Wohnplätzeu zufällig in die Erde gelangt sind oder den Toten sntsprechend der Sitte früherer Zeiten mit ins Grab gegeben wurden. Einer eorgfältig ausgebauten Forschungsmethode ist es gelungen, aus ihrem Vor­handensein und den Fundverhältnissen mannigfache Schlüsse zu ziehen, in gleicher Weise wie ein Kriminalist aus an sich unwichtigen Gegenständen und deren Lage wichtige Anhaltspunkte und wertvolles Beweismaterial bei der Aufdeckung eines Verbrechens gewinnen kann. In rastloser Kleinarbeit ist es gelungen, den Entwicklungsgang wieder aufzuspüren, den die Formen der Waffen, Geräte