5. Ein Jahr ist vergangen. Das Jahr hatte ein kleines Crevecocur gebracht, den Spottartikel über den Storch v. Adebar. Der Ahnensaal gibt die Veranlassung. Es wäre nur in der Ordnung bei einer so alten Familie. Nun wie alt sie wären. Sie wären in Urzeiten mit den Störchen ins Land gekommen. Die meisten Störche hätten ihr Wanderleben, ihr Hin und her zwischen Afrika und Brüssow fortgesetzt, ein Paar aber sei seßhaft geworden, habe sich unter den Regierungen guter Fürsten immer mehr entwickelt, sei vor allem zuerst zum Christentum übergetreten und habe seitdem der Adel aufkam, über den es historisch weit hinausrage, den Namen Storch von Adebar angenommen. Der Alte hatte den Artikel mit einer großen Gesellschaft beantwortet, in der er beim Nachtisch diesen Artikel vorgelesen, in größter Heiterkeit aber mit Zitterstimme. 50 Gesamtsituation. Auch in bezug auf die Kinder. Briefe von der verheirateten Tochter. Hofgesellschaft. Äußerste Unkirchlichkcit des Mannes. Er hat ein Verhältnis. Er spielt. Aber seine Manieren machen seine Stellung bei Hof immer fester. Er ist der Liebling des Prinzen H.; der König will ihm wohl, die Königin noch mehr. Nun ausführen, wie das auf die beiden Brüder - Militärs, von denen der eine auf dem Punkt ist Diplomat zu werden - einwirkt, und auf die Schwester Diakonissin.
6. Antwort auf diesen Brief, Ausführung, daß sie hoffen und vertrauen solle.
7. Begehung eines großen Missionsfestes 51 auf seinem Gut.
7. a Die Gründung einer neuen Schule. Stiftungs-Urkunde, worin er seine Ansichten niederlegt. Nur konservative Grundsätze werden darin zu vertreten sein. 52
8. Anlegung einer Straße, Gründung von Tagelöhner-Häusern. Er hat nun immer Arbeiter.
9. Austrocknung eines Sumpfes im Interesse des Nachbardorfes; aber ihm fließt das Wasser davon auf die Sandscholle. (Es muß also eine Melioration sein, die scheinbar im Allgemein- Intresse unternommen wird und lediglich ihm zu gute kommt. [)]
10. Scholastica oder Mercedes wird Oberin; ein neues Krankenhaus wird gegründet. Hildegard kommt als Hofdame an den Prinzlichen Hof. Johann Sigismund verlobt sich mit einer reichen Jüdin. Die Wirkung davon auf den Alten. Er klagt darüber bitter zu den beiden Freunden; zu seiner Frau drückt er seine Freude darüber aus. Die Taufe hat den Unterschied der Religionen aufgehoben; sollen wir mit Petrus grollen, weil er ein Jude war. Die Rassenfrage? Im Vertrauen, es gibt keine bessere Rasse. (Dies erst nehmen, dann die Glaubenshage) Vor allem die Besitz-, die Macht-, die Ansehens-Frage.
11. Der Ahnensaal ist fertig. Große Festlichkeit.
12. Storch v. Adebar stirbt.
13. Der Brief des liberalen Kürassiermajors an seinen Freund.
Rebecca oder Rahel oder Sarah ist eine reizende kleine Person, heiter, liebenswürdig, aber prononciert jüdisch in ihrem Profil, vor allem auch in Haltung und Bewegung der Arme. Sie wußte das auch und scherzte darüber. Alles was der alte Storch an Liebenswürdigkeiten hatte, kam jetzt heraus, er freute sich ihrer Heiterkeit, ihres Witzes, ihrer Unterhaltung, er langweilte sich weniger als früher, alles war anders, besser, die Wirtschaft auf Nassenheide ging brillant, alles prosperierte, es war kein Zweifel - sie hatte Glück und Segen ins Haus gebracht. Aber er konnte doch nicht drüber hinweg. Er wurde ganz irr, auch in seiner Rede. Schon immer hatte er einen schweren Stand gehabt, seinen eigentlichen Menschen hinter einer 53 Maske zu verstecken, am liebsten hätt er seinem Egoismus deutliche Worte ge- liehn, und dieser Zwiespalt war jetzt stärker als vorher. Er lobte seine Schwiegertochter, lobte selbst das Jüdische, dann besann er sich plötzlich und wurde wieder feierlich und christlich und sprach von dem Gekreuzigten. Und so ging es und wurd immer schlimmer.
50 Von »Das Jahr« an nachträglich cingcfügt.
51 Doppelt unterstrichen.
52 Am Rand: Hauptsache [doppelt unterstrichen] Als er auf der Höhe ist, kommt der Krach, er ist nun nicht arm, aber doch nur eine kleine Nummer; in diese Zeit seiner Kleinheit fallt nun die Verlobung mit der Jüdin.
53 Gestrichen: ihm
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