I
muß, während sie sich vor der Welt und in gewissem Sinne auch vor sich selbst aufs äußerste dagegen stemmt, - das ist ihr eben ein ungeheures creve coeur und dran stirbt sie. Sie stirbt an gedemütigtem Hochmut.
Nun erfolgt ihr Leichenbegängnis 58 . Dies ist wieder ein Hauptkapitel, das mit allen Details beschrieben werden muß. Es wird alles aufs glänzendste in Szene gesetzt, aber übersteigt weit den Etat und verwirrt die Finanzen nur noch mehr. Er hat ihr versprechen müssen die »Cordelia« nie zu empfangen, - das war der letzte Wille der Gnädigen.
(Dagegen verstößt er später und freut sich dessen, aber hat doch zugleich einige Skrupel, weil er Wort und beinah Schwur gebrochen und dies steigert eben später seine Verwirrung.) Auch die Sterbeszene der Gnädigen muß ein Kapitel bilden. Sie hält Farbe bis zuletzt und ihr christlicher Hochmut bleibt ungebrochen, weil sie gerade beschränkt genug ist (ohne dumm zu sein) an den Ernst und die Heiligkeit ihrer Aufgaben zu glauben.
Nach dem Begräbnis fährt Herr v. Attinghaus in demselben Wagen wieder mit dem andern Gutsherrn oder Landrat oder Regierungsrat oder Justizrat oder Doktor zurück, es ist grade 5 Jahre später, wieder Erntefelder, und sie haben wieder ein Gespräch.
Danach Kondolenz-Ber«cA des v. Attinghaus beim alten Storch. Gang durch den Park. Gespräch über die Verstorbene. Storch lobt ihren Charakter. Attinghaus sagt immer ja.
Der Pastor dringt auf ein großes silbernes Kruzifix, das auf den kupfernen Sarg aufgelötet werden soll; Storch sagt ja, erschrickt aber über die neue Ausgabe.
Nun naht die Katastrophe verhältnismäßig schnell.
1. Die Ausgaben wachsen, die Einnahmen mindern sich, der Bankrutt ist vor der Tür. Er wendet sich an die Töchter - Gomeril u. Regan.
2. Lear erlebt einen Abfall u. man gibt ihm gute Lehren.
3. Er hat die Frau nicht mehr, die seinen schwachen Charakter hielt und stützte und er gerät in Zweifel, ob er recht gehandelt hat.
4. Nun kommt der dicht bevorstehende Bankrutt. Der Sohn schreibt: ich werd 59 es unter allen Umständen kaufen, und so ist es doch wohl besser - da denn doch Beziehungen zwischen uns bleiben oder wiederkommen müssen - Du gestattest mir die Sache arrangieren zu dürfen und Du bleibst wo Du bist und freust Dich Deiner Tage.
5. Dies wird akzeptiert. Und die Tochter mit Freuden empfangen. Er liebt sie. Aber er war doch zu lang an die Trebiatinski gefesselt gewesen und die alten Unsinnigkeiten und Redensarten werden immer wieder lebendig. Er schämt sich dessen aber und wird zuletzt taprig und entwickelt sich zu einem leidlichen Imbecile.
Hier kommt nun (wichtig) ein Greisen-Kapitel 80 , das diese Konfusion ausdrückt, er liebt die Tochter und schimpft über die Juden und die neue Zeit und dann wieder sagt er: nur in Menschlichkeit und Natürlichkeit steckt das Wahre so daß alles Widerspruch ist und ein Satz immer den andern aufhebt. Er sitzt immer in der Sonne und freut sich und zuletzt kriegt er auch mal einen frommen Anfall und spricht von seiner »Heiligen« und in diesem Zustande stirbt er.
Begräbnis. Ganz kurz.
Attinghaus letztes Gespräch über ihn, aber nun nicht im Wagen, sondern im Park, wo er nun mit dem Sohn auf und abgeht wie drei Jahre früher mit dem Vater und sich jenes Tages entsinnt und nun ein Charakterbild des Vaters gibt. »Er war ein guter Mann, brav, gütig, ehrlich und hätte vor 100 Jahren mit einer lebenslustigen Frau vom Schwedter oder Prinz Ferdinandschen Hof glücklich gelebt und wär in die Kirche gegangen und hätte nichts geglaubt. Und seine Dörfler etc. hätt er glücklich gemacht und Gutes für sie getan. Er ist ein Opfer der modischen Geschraubtheiten unsrer Zeit, die Dinge will oder wenigstens wollte, die man nicht wollen soll oder die nur immer der soll, der innerlich darauf eingerichtet ist.
58 Doppelt unterstrichen.
59 Aus: würd
40 Doppelt unterstrichen.