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Sonderheft 1, Zeitbilder: Zwei Fragmente von Theodor Fontane "Sidonie von Borcke" und "Storch von Adebar"
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manchen Fällen sagen dürfte: weniger wäre mehr, namentlich wo es darauf ankommt, eine gewisse Sprödigkeit und Herbigkeit der Sprache in den älteren Texten auch dem Leser der Übersetzung fühlbar zu machen. Es sei uns gestattet, als Probe ein Weihnachtslicd aus dem m. Jahrhundert mit dem lateinischen Original hier anzuführen:

Dreifach beglückend,

dreifach entzückend,

o selge Wonne der heiligen Nacht, -

Mit Sehnsucht begehrtes,

vom Himmel gewährtes

Frohlocken hast du der Erde gebracht!

O tcr fecundas, o ter jucundas beatae noctis delicias,

Quae suspiratas a coclo datas in terris paris delicias!

Eva, von allen zuerst gefallen,

bracht tief ins Verderben die arge Welt.

Nun lebt sie wieder,

Gott kam hernieder,

daß sic die Sonne des Lebens erhellt!

[Nach dieser Zeile am linken Rand Querstrich und handschriftlicher Vermerk: »Bis hier­her«.]

Gravem primaevae

ob lapsum Evae

dum jamjam mundus emoritur,

In carne meus ut vivat deus, sol vitae mundo suboritur.

Des Himmels Wahrheit in ewger Klarheit

der Windeln Fessel umschlungen hält, - Im niedern Stalle, fern seiner Halle,

des Himmels König dem Vieh gesellt!

Aeternum Iumen, immensum numen pannorum vinculis stringitur,

In vili caula,

exelusus aula,

rex coeli bestiis cingitur.

Das Kind der Wiegen

ruht still verschwiegen, -

das Wort, das alles verkünden kann, -

Muß Flämmlein sich halten,

Weltsonne erkalten?

Wie, - sieht man denn alles wie Rätsel an?

In cunis jacet et infans tacet

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