manchen Fällen sagen dürfte: weniger wäre mehr, namentlich wo es darauf ankommt, eine gewisse Sprödigkeit und Herbigkeit der Sprache in den älteren Texten auch dem Leser der Übersetzung fühlbar zu machen. Es sei uns gestattet, als Probe ein Weihnachtslicd aus dem m. Jahrhundert mit dem lateinischen Original hier anzuführen:
Dreifach beglückend,
dreifach entzückend,
o sel’ge Wonne der heiligen Nacht, -
Mit Sehnsucht begehrtes,
vom Himmel gewährtes
Frohlocken hast du der Erde gebracht!
O tcr fecundas, o ter jucundas beatae noctis delicias,
Quae suspiratas a coclo datas in terris paris delicias!
Eva, von allen zuerst gefallen,
bracht’ tief ins Verderben die arge Welt.
Nun lebt sie wieder,
Gott kam hernieder,
daß sic die Sonne des Lebens erhellt!
[Nach dieser Zeile am linken Rand Querstrich und handschriftlicher Vermerk: »Bis hierher«.]
Gravem primaevae
ob lapsum Evae
dum jamjam mundus emoritur,
In carne meus ut vivat deus, sol vitae mundo suboritur.
Des Himmels Wahrheit in ew’ger Klarheit
der Windeln Fessel umschlungen hält, - Im niedern Stalle, fern seiner Halle,
des Himmels König dem Vieh gesellt!
Aeternum Iumen, immensum numen pannorum vinculis stringitur,
In vili caula,
exelusus aula,
rex coeli bestiis cingitur.
Das Kind der Wiegen
ruht still verschwiegen, -
das Wort, das alles verkünden kann, -
Muß Flämmlein sich halten,
Weltsonne erkalten?
Wie, - sieht man denn alles wie Rätsel an?
In cunis jacet et infans tacet
59