Heft 
(1897) 06
Seite
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Ueöer Land und Meer.

mal sind, ist doch sehr reparaturbedürftig, und aus solche Reparatur ist ein Manu wie dieser Lorenzen eben aus. Machen Sie die Probe. Hie Lorenzen, hie Gundermann. Und Ihren guten Glauben in Ehren, aber Sie werden diesen Gundermann doch nicht über den Lorenzen stellen und ihn überhaupt nur ernsthaft nehmen wollen. Und wie dieser Wasser­müller aus der Brettschneidebranche, so sind die meisten. Phrase, Phrase. Mitunter auch Geschäft oder noch Schlimmeres."

Ich kann jetzt nicht antworten, CZako. Was Sie da sagen, berührt eine große Frage, bei der man doch anfpassen muß. Und so mit dem Messer in der Hand, da verbietet sich's. Und das eine wacklige Licht hat ohnehin schon einen Dieb. Er­zählen Sie mir lieber was von der Frau von Gundermann. Debattieren kann ich nicht mehr, aber wenn Sie plaudern, brauch' ich bloß zuzuhören. Sie haben ihr ja bei Tisch 'neu langen Vortrag gehalten."

Ja. Und noch dazu über Ratten."

Nein, Czako, davon dürfen Sie jetzt nicht sprechen; dann doch noch lieber über alten und neuen Glauben. Und gerade hier. In solchem alten Kasten ist man nie sicher vor Spuk und Ratten. Wenn Sie nichts andres wissen, dann bitt' ich um die Geschichte, bei der wir heute früh in Cremmen unterbrochen wurden. Es schien mir was Pikantes."

Ach, die Geschichte von der kleinen Stubbe. Ja, hören Sie, Rex, das regt Sie aber auch auf. Und wenn man nicht schlafen kann, ist es am Ende gleich, ob wegen der Ratten oder wegen der Stubbe."

V.

Rex und Czako waren so müde, daß sie sich, wenn nötig, über Spuk und Ratten weggeschlafen hätten. Aber es war nicht nötig, nichts war da, was sie hätte stören können. Kurz vor acht erschien Engelke mit einem alten silbernen Deckelkrug, aus dem der Wrasen heißen Wassers ausstieg, einem der wenigen Renommierstücke, über die Schloß Stechlin verfügte. Dazu bot er den Herren einen guten Morgen und stattete seinen Wetterbericht ab: Es gebe gewiß einen schönen Tag, und der junge Herr sei auch schon ans und gehe mit dem alten um das Rundell herum.

So war es denn auch. Woldemar war schon gleich nach sieben unten im Salon erschienen, um mit seinem Vater, von dem er wußte, daß er ein Frühaus war, ein Familiengespräch über allerhand disficile Dinge Zu führen. Aber er war entschlossen, seinerseits damit nicht anzusangen, sondern alles von der Neugier und dem guten Herzen des Vaters zu erwarten. Und darin sah er sich auch nicht ge­täuscht.

Ah, Woldemar, das ist recht, daß du schon da bist. Nur nicht zu lang im Bett. Die meisten Langschläfer haben einen Knacks. Es können aber sonst ganz gute Leute sein. Ich wette, dein Freund Rex schläft bis neun."

Nein, Papa, der gerade nicht. Wer wie Rex ist, kann sich das nicht gönnen. Er hat nämlich

einen Verein gegründet für Frühgottesdienste, ab­wechselnd in Schönhausen und Finkenkrug. Aber er ist noch nicht perfekt geworden."

Freut mich, daß es noch hapert. Ich mag so was nicht. Der alte Wilhelm hat zwar seinem Volke die Religion wieder geben wollen, was ein schönes Wort von ihm war alles, was er that und sagte, war gut aber Religion und Landpartie, da­gegen bin ich doch. Ich bin überhaupt gegen alle falschen Mischungen. Auch bei den Menschen. Die reine Rasse, das ist das eigentlich Legitime. Das andre, was sie nebenher noch Legitimität nennen, das ist schon alles mehr künstlich. Sage, wie steht es denn eigentlich damit? Du weißt schon, was ich meine."

Ja, Papa..."

Nein, nicht so; nicht immer bloß ,ja, Papan So fängst du jedesmal an, wenn ich aus dies Thema komme. Da liegt schon ein halber Refus drin, oder ein Hinausschieben, ein Abwartenwollen. Und damit kann ich mich nicht befreunden. Du bist jetzt zwei­unddreißig, oder doch beinah', da muß der mit der Fackel kommen; aber du fackelst (verzeih den Kalauer; ich bin eigentlich gegen Kalauer, die sind so mehr für Handlungsreisende) du fackelst, sag' ich, und ist kein Ernst dahinter. Und so viel kann ich dir außerdem sagen, deine Tante Sanctissima drüben in Kloster Wutz, die wird auch schon ungeduldig. Und das sollte dir zu denken geben. Mich hat sie zeit­lebens schlecht behandelt; wir stimmten eben nie zu­sammen und konnten auch nicht, denn so halb Königin Elisabeth, halb Kaffeeschwester, das is 'ne Melange, mit der ich mich nie habe befreunden können. Ihr drittes Wort ist immer ihr Rentmeister Fix, und wäre sie nicht sechsundsiebzig, so erfänd' ich mir eine Geschichte dazu."

Mach es gnädig, Papa. Sie meint es ja doch gut. Und mit mir nun schon ganz gewiß."

Gnädig machen? Ja, Woldemar, ich will es versuchen. Nur sürcht' ich, es wird nicht viel dabei herauskommen. Da heißt es immer, man solle Familiengefühl haben, aber es wird einem doch auch zu blutsauer gemacht, und ich kann umgekehrt der Versuchung nicht widerstehen, eine richtige Fa­milienkritik zu üben. Adelheid fordert sie geradezu heraus. Andrerseits freilich, in dich ist sie wie ver­narrt, für dich hat sie Geld und Liebe. Was davon wichtiger ist, stehe dahin; aber so viel ist gewiß, ohne sie war' es überhaupt gar nicht gegangen, ich meine dein Leben in deinem Regiment. Also wir haben ihr zu danken, und weil sie das gerade so gut weiß, wie wir, oder vielleicht noch ein bißchen besser, gerade deshalb wird sie ungeduldig; sie will Thaten sehen, was vom Weiberstandpunkt aus allemal so viel heißt wie Verheiratung. Und wenn man will, kann man es auch so nennen, ich meine Thaten. Es ist und bleibt ein Heroismus. Wer Tante Adelheid ge­heiratet hätte, hätte sich die Tapferkeitsmedaille ver­dient, und wenn ich schändlich sein wollte, so sagte ich das Eiserne Kreuz."

Ja, Papa..."

Schon wieder ,ja, Papall Nun, meinetwegen,