Heft 
(1898) 05
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Kleber Land und Meer.

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Hals und den Oberarm werden Ketten ans kleineren Eisenperlen und um die Unterarme Manschetten aus starkem, gewundenem Eisendraht getragen. Am seltsamsten aber ist der Kopfputz der verheirateten Frau, der Fleder- mansflügeln nicht unähnlich sieht. Ans eine umschließende, genau ans den kurzgeschorenen Kopf passende Kappe sind rechts, links und hinten je ein langes Ohr ans Ochsen­leder genäht, das starr in die Höhe ragt und mit Tier­sehnen mannigfach bemustert oder benäht ist. Bon der Kappe fällt hinten wieder eine breite Garnitur kurzer,

Perlen herab, die kmrch Onerriemen znsammengehalten werden, deren Enden bis in die Kniekehle reichen. Eine wohlhabende Hererosran schleppt leicht an fünfzig Pfund Schmuck mit sich herum. Und trotz alles dieses Firle­fanzes, trotz des starrenden Schmutzes entbehrt die junge Hererosran nicht eines gewissen Reizes. Mit dem kokett

hält den wohlgebildeten, glänzend Bannen Oberleib gerade nnd verhindert jede heftige Bewegung. Sie ist ein Bild urwüchsiger Kraft nnd stolzen Selbstbewnßtseins, eingeschnürt in die Form der heimischen Blöde.

Ein andres, ziemlich wild gekleidetes Volk in Südwestafrika ist dasjenige der Buschlente, die sich noch in großen Gebieten Südafrikas, in kleinere

bevölkernng sind. In Südwestasrika sind sie den Hottentotten fast bis zur Unmöglichkeit

fache nach in^ acht Stämme gliedern. Sie gehen fast ganz un­bekleidet. Ein bade­nder ein frei herab­hängender Hüfteschnrz, meist aus Schakalfell, bildet die ganze Be­kleidung. Aeltere wohl­habendere Männer nnd Frauen tragen wohl auch noch eine mantelartige Schnlter- bedeckung aus Leder nnd Fellen, die Haar­seite nach innen ge­wendet, ähnlich der Fellbekleidung der Hottentotten. Sie ja­gen mit den primitiven Waffen, die die Hotten­totten früher führten, dem Bogen mit ver­

gifteten Pfeilen und dem Wnrfstock. Als Pfeilgift verwenden sie gern den Saft einer Enphorbia, ferner bestimmte Raupen- nnd Schlangenarten. Im Grunde ist es ein armes Gesindel, das, da es kein Vieh hat, von der Jagd nnd wilden Früchten lebt nnd den Herero gegenüber so gut wie rechtlos ist.

Einen scharfen Gegensatz zu den Herero bilden die hauptsächlich im Süden des Landes wohnenden gelben Hotten­totten, ein leichtlebiges, sorgloses, faules, dem Trünke verfallenes nnd augenscheinlich zurückgehendes Volk, mit dessen Geschichte der frühereProphet" Hendrik Witbooi untrennbar verknüpft ist. Er wollte den alten Glanz seines Volkes, das einst der Herr der Herero gewesen war, erneuern und war ihr grimmigster, nicht zu unter­schätzender Gegner. Obwohl er mehr­mals geschlagen war, gelang es ihm doch stets, sich neue Hilfsmittel zu erschließen besonders durch das den Herero abgenommene Vieh, bis er schließ­lich mit den Deutschen in Konflikt kam. Der stellvertretende Reichskommissär von Francois hatte mehrfach Witbooi verwarnt und ihm ansgegeben, die Kriegszüge

zu unterlassen und die deutsche Schutzherrschaft an- znerkennen. Witbooi wollte aber davon nichts wissen, trotzdem ihm die günstigsten Bedingungen gestellt waren. Im Jahre 1893 plante er sogar einen Ueberfall ans Wind- hoek, von dem er nur infolge des Eintreffens einer deutschen Trnppenverstärknng abgehalten wurde. Der weitere Fort­gang der Ereignisse ist bekannt; erst im Jahre 1894 gelang es, die Witbooische Truppe zur Kapitulation in der Nauklnst zu zwingen. Witbooi ist ohne Zweifel ein be­deutender, energischer Mann, der einen großen Einfluß ans seine Stammesgenossen ansübt, dabei verschlagen im höchsten Grade. Seine Gesichtszüge verraten eine gewisse finstere Entschlossenheit. Das Bild, das ihn von seiner Familie umgeben darstellt, ist in Gibeon, seinem Stammsitz, aus­genommen, wohin er mit den Ueberresten seiner Truppe als Pensionär der Regierung gebracht worden ist. Die neben ihm stehenden Frauen sind seine Töchter, vor

ihm hockt sein Sohn Samuel mit Frau und Kindern.

Witbooi hat später der Truppe wesentliche Dienste geleistet, nnd zwar bei dem Aufstand der Khans-Hottentotten und Ovambandjern im vergangenen Jahre.

Die Khans-Hottentoten, die früher im Süden des Schutzgebietes ans eine Reservation gebracht waren, waren nach Norden gezogen und hatten Gobabis angegriffen. Ihnen hatten sich mißvergnügte Ovambandjern unter ihrem Häuptling Kahimema angeschlossen, die im Jahre 1891 schon einmal einen Angriff ans Gibeon in Ab­wesenheit Witboois gemacht hatten. Der eigent­

liche Führer dieser Expedition aber war .. .. Nikodemus, der Sohn

der ältesten Schwester des alten Maharero, desOberhänptlings der Herero, nnd somit der nächste Prätendent aus die Hänptlingswürde. Als aber Maharero gestorben war, erhielt die Würde der den Deutschen freundlich gesinnte Samuel Ma­harero, nnd Nikodemus schied im Grimme von Okahandja, um seine Zelte im Ge­biete der Ovamband-

Dnrch eine' energische Aktion der Schntz- trnppe und der Wit­boois, die unter ihrem Führer als Verbündete der Deutschen wieder ausgezogen waren, wurde der Aufstand nach blutigen Kümpfen schnell unterdrückt, und die Schuldigen ereilte eine strenge, aber gerechte Strafe.

1898 (Bd. 79).

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