Heft 
(1.1.2019) 02
Seite
67
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von Ol. Karner v. Rernöhl.

(Schluß.)

uch die dänische Sprache ist nicht gänzlich ans dem öffentlichen Verkehre ausgeschlossen worden, obwohl auch der dänischen Bevölkerung bei der Zurückeroberung Schleswigs die Option für Dänemark sreigestellt wurde. In Finnland werden nur finnische Bürger znin Staatsdienste zugelasscn, die Russen gelten als Ausländer und können nur in Fallen besonderer Roth, durch besondere Berufung zu solchen Aemtern gelangen; die finnische Sprache ist der schwedischen im gesammten öffentlichen Leben gleich­gestellt. Der Verkehr der Behörden der Ostsee- Provinzen mit der Bevölkerung sollte bis vor Kurzem nur in deutscher Sprache stattfinden. Thatsächlich wurde aber im amtlichen Verkehr mit der esthnischen und lettischen Landbevölkerung der Gebrauch der ortsüblicheil Sprache zur Nothwendigkeit. Die Post- und Zollämter verkehrten nur mündlich in deutscher, schriftlich in russischer Sprache. Rach dem im Oetober des Vorjahres erlassenen Regulative für die drei baltischen Gouvernements haben jedoch fortan nur mehr die Ortsbehörden die Geschäfte und Correspvndenz mit einander in deutscher, aber auch in lettischer oder esthnischer Sprache zu führen. Treten sie dagegen in Beziehungen mit den übrigen Regicrnngsvrganen der baltischen Gouvernements oder des Reiches überhaupt, so haben sie sich der russischen Sprache zn bedienen und von denselben auch Schreibeil in dieser Sprache eutgegenznnehmen. Denn die Amtssprache sämmtlicher nicht lokaleil Behörden und Autoritäten der drei baltischen Gouvernements ist nunmehr ausschließlich die russische. Die Bestimmungen dieses Regulativs erwiesen sich aber in kurzer Zeit als undurchführbar, so daß eine Reihe von mildernden Abänderungen zn Gunsten der deutschen Sprache getroffen werden mußten.

Selbst im amtlicheil Verkehr untereinander be­dienen sich die Regierungen verschiedensprachlicher Eantone der eigenen Sprache. In Belgien ist da­gegen die französische Sprache die innere Dienst- sprache der Staatsämter; auch in (5 a na da und in der Eap-Colonie wird die amtliche Correspondenz durch die englische Sprache allein vermittelt. In gleicher Weise wird in Elsaß-Lothringen an der deutschen Amtssprache sestgehalten.

Wie auf dem Gebiete der Verwaltung in Be­zug auf den Verkehr mit den Parteien und der Verkehr der Behörden untereinander ein deutlicher Unterschied in die Augen springt, so ist dies auf dem Gebiete der Gerichtsbarkeit mit der Sprache der unteren und obereil Gerichtshöfe der Fall; denn die erstereil Verkehren unmittelbar mit dein Volke, die letzteren mit den Vertretern der Beklagten oder Rechtsuchenden, welche durchwegs der bei den obereil Instanzen üblicheil Sprachen mächtig sind und sicher derselben mächtig sein sollen.

In den Schweizer Cantoneil kann jeder Bürger in seiiler Sprache Recht empfangen. Für Belgien trat mit 17. August 1873 dasGesetz über die Allwendung der vläinischeu Sprache in Strafsachen" in Kraft. Nach demselben hat in den vlämischen Provinzen und in dem gemischtsprachigen Gerichts- sprengel Löwen vom ersten Erscheinen des Be­schuldigten angefangen das Verfahren in vlämischer Sprache stattzusinden, wenn nicht der Angeschuldigte den Gebrauch der französischen Sprache verlangt; in gleicher Weise sind die Zeugen in vlämischer Sprache zu vernehmen. Die Nichtbeachtung dieser Bestimmungen zieht die Nichtigkeit des ganzen Verfahrens nach sich. Derselbe Grundsatz gilt für die Aufnahme des Sachverständigenbesnnds und besonders für die Plaidohers des Anklägers und Vertheidigers. Nur wenn zwei oder mehrere in dieselbe Strafsache verflochtene Angeklagte nicht der gleichen Sprache mächtig sind, entscheidet der Richter über die zu verwendende Sprache; doch darf sich der Vertheidiger nur feiler Sprache bedienen, für welche sich der Angeklagte entschieden hat. In Canada kann sich Jedermann bei allen gerichtlichen Plaidohers, ferner in alleil Streitfällen vor sämmt- lichen Gerichtshöfen des Landes der englischen oder französischen Sprache bedienen; in der Cap-Eolonie wird die holländische Sprache in den Gerichtshöfen nicht zngelassen. Für die Gerichte Ostindiens gelten im Allgemeinen dieselben Bestimmungen wie für die Verwaltung, sodaß also außerhalb der drei Haupt­städte des Landes die in der betreffenden Provinz heimische Sprache vor Gericht üblich ist; und zwar haben die betreffenden Behörden zu erklären, welche Sprache als die heimische in Gerichtssacheu anzu-