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Allgemeine Rundschau.
werth, sie stellen ihm nach bei Tag und Nacht und tödten ihn, wo sie ihn erwischen. Wir wissen nicht, ist er, wie Maria Stuart, besser als sein Ruf, oder ein Bösewicht, dessen Seele so schwarz ist, wie sein Kleid. Das aber wissen wir, daß ihm die Menschen einen Namen ange- ^ hängt haben, den er mit Unrecht trägt und der allein ihn berechtigen würde, ein Menschenfeind zu sein. Denn welcher Gentleman läßt sich gerne nachsagen, daß er seine Arbeit allein mit dem „Maule" (mt vsuiu vsrbo!) verrichte? ! Und das sagen sie von ihm, denn sie nennen ihn den ! „Maulwurf". Es ist wahr, er hinterläßt hier und da ! Spuren seiner unterirdischen Thätigkeit in Gestalt aufgeworfener Erdhaufen; aber daß er sie mit dem Maule auf- würfe, ist bodenlose Verleumdung, gegen die er energisch protestiren würde, wenn ihn die Menschen überhaupt zum Worte kommen ließen. Woher diese Verleumdung? Aus reinem Mißverständnis;. Die plattdeutschen Bauern nennen ihn ganz richtig und einfach den „Mullworp", denn Mull ist Erde, Schutt. ^
Im Jahre 1678 commandirte die französischen Truppen am Neckar der Marquis de Feuquitzres, der uns „geheime und sonderbare Kriegs-Nachrichten" hinterlassen hat. In diesen erzählt er mit der naivsten und unschuldigsten Miene von der Welt von einem Streifzuge, den er ins deutsche Land nach Würzburg, Rotenburg, Nürnberg re. unternommen hatte, folgende Geschichte: „Diese Streiferei dauerte 35 Tage und betrug 3—4 Millionen, dafür mir der König ein Geschenk von 12000 Livres machte." Und weiterhin berichtet er: „Louvois ließ mich nach Meu- don rufen und bei dieser Gelegenheit sagte ich ihm: „Man wird euch ohnfehlbar berichtet haben, daß ich bei meiner Streiferei viel gewonnen habe." Der Herr von Louvois antwortete darauf: „Was thut denn das? Es ist mir lieb. Wie hoch beläuft es sich?" „Bis auf 100 000 Gul- deu." „Ich wollte, daß es noch mehr wäre." Worauf ich sortfuhr: „Wenn die guten Leute das Geld, so ihnen auferlegt war, auf den Tisch zählten, so legten sie noch eine Summe besonders hin. Ich fragte sie, was das wäre? Das ist für den Herrn, antworteten sie. Und das habe ich also genommen. Der Minister antwortete mir: „Ihr habt sehr wohl gethan."
Man bedenke: dreißig Jahre nach dem westphälischen Frieden ergiebt ein Streifzug durch die fränkischen Länder in 35 Tagen nach eigener Angabe des französischen Gesandten schlecht gerechnet 2 000000 Gulden, Pro Tag also im Durchschnitt 57150 Gulden allein an baarem Gelde! Wie müssen die Unmenschen gehaust haben.
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Wer 1866 im preußischen Heere zu Felde gezogen ist, der wird sich erinnern, daß überall, wo das Bonner Husaren- Regiment erschien, es von den anderen Truppen mit dem Freudenzuruf: „Lehm up!" begrüßt wurde. Es lag darin für die schneidigen Husaren ein Ausdruck der Anerkennung und Bewunderung, denn mit jenem Ruse hatten sie manch' keckes Reiterstücklein vollführt und sich muthig auf die altberühmten Cavallerie-Regimenter des Gegners gestürzt. Woher stammte dieser Ruf? Man erzählte damals, daß das Regiment, als es ins Feld zog, vor den Thoren Bonns an einem Neubau vorüber ritt, an dem unter Anderen ein alter Maurergeselle arbeitete. Derselbe soll vom Gerüste herab die Abziehenden mit dem Gruße: „Na Jungeus, nu, Lehm up!" verabschiedet haben. Die Husaren wiederholten jubelnd: Lehm up! und der Ruf wurde Feldgeschrei für sie und später ihr Ehrenruf.
Ein Gegenstück dazu finden tvir in den Freiheitskriegen. Wolsg. Menzel in seiner „Geschichte der Deutschen" schreibt: Als die Alliirten 1814 Paris genommen, lagerte die schlesische Armee auf dein Montmartre, allein sie durfte die Stadt nicht betreten (ganz wie 1871). Viele jedoch drängten sich gegen das Gebot herbei, um wenigstens nicht heimzukehren, ohne „die große Babel" gesehen zu haben. Mit Trompetenschall ritt das bezeichnet litthauische Dragonerregiment den Berg langsam hinauf und auf der anderen Seite wieder hinab, eigenmächtig, nur um Paris zu sehen. Das Fußvolk aber ringsumher begrüßte die Tapfern mit dem lauten Jubelruf „Heurig, Heurig", was die Pariser schwerlich begriffen haben. Heurig hieß ein alter, versoffener Feldscheer, nach dem das ganze Regiment anfangs nur im Scherz genannt, der aber sein Ehrenname im Felde wurde, denn wo es in einer Schlacht heiß herging und andere Regimenter nichts mehr ausrichteten, ertönte der Ruf „Heurig, Heurig!" und wenn Platen mit den Unbesiegbaren herbeistürzte, bekamen Alle wieder Müth.
Mkhsel
von E. Lucke.
Silb enräthsel.
Die erste Silbe, klein und schwach, Kann nicht allein bestehen Dafür muß sie viel tausendfach Mit andren Wörtern gehen.
Die beiden andren bringen oft Betrübniß treuen Herzen,
Doch wird ein Wiederseh'n erhofft, Erleichtertes ihre Schmerzen.
Das Ganze sei! bist du geehrt,
So schmückt es dich am meisten;
Oft fehlt es, Ivo es wünschenswerth, Und nie sind es die dreisten.
Auflösung folgt in Nr. 17.
Well-Te lep hon.
A. W. in W. — Der Lieder-Cyclus: ..Toni" zeigt wohl einiges Talent, doch fehlt die nothwendige Durchbildung vollständig. Der erste Anlauf ist zuweilen gut, dann kommen aber ganz grobe Schnitzer in Inhalt und Form vor:
Mädel, komm' ohne Scham,
Laß keck Dich küssen,
Hab', was ich kühn Dir nahm,
Nehmen Dir müssen.
Ob sich's schickt, oder nicht,
Gott mag es wissen;
Glaube, daß Dein Gesicht Gott schuf zum Küssen!
Sehen Sie sich dagegen den letzten Vers des sonst so ziemlich annehmbaren Lenzgedichtes einmal „allmählich" an:
„Doch träumt es seinen schönsten Traum,
Nun mit der Seligen selig. -- Ans Erden hat die Liebe nicht Raum,
An Entsagung stirbt sie allmählich." -- Hier wäre ein schleuniges Entsagen — des Reimeschmiedcns am Platze. —
! ? — Wir werden, Ihrem Wunsche gern nachkommend, bald wieder eine plattdeutsche Erzählung veröffentlichen. Der Verfasser derselben, Professor Müller, lebt in Berlin, ist aber aus Mecklenburg gebürtig.
L. B. in N. — Die Handlung ist vollständig verfehlt; das Mannscript steht zu Ihrer Verfügung. —
Frl. R. in P. — Sie haben Recht, es muß unbedingt das pater xseoavi gesagt werden.
Nachdruck veröoten. — NeöerscHungsrechte öleiven voröehatten.
Herausgeber: Eugen Friese in Dresden. — Verantwort!. Redakteur: Jesko von Puttkamer in Dresden.
Druck von Metzger L Wittig in Leipzig.