Heft 
(1.1.2019) 03
Seite
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L6cile.

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von einem sonnigen Wiesengrunde, jenseits aber von Wald und Schatten eingefaßte Bode hinfloß. Erquickende Kühle drang von unten her bis zur Höhe hinauf und einzelne Häuser, die zerstreut und lauschig am Flusse hin lagen, berechtigten zu der Annahme, daß man in kürzester Frist am Ziele sein werde.

Gordon wurde sehr bald auch der drei vor- aufmarschirenden Herren, die ganz zuletzt einen Richtsteig eingeschlagen haben mußten, ansichtig, und auf sie hinweisend, rief er jetzt seiner Begleiterin in beinahe freudiger Aufregung zu:Da sind sie. Wenn wir uns in Trab setzen, haben wir sie noch vor dem ersten Hause."

Cocile sah ihn bei diesen Worten verwundert an, aber mit einer Verwunderung, in die sich etwas von Empfindlichkeit mischte. Das war doch naiver als naiv. Er genoß des Vorzugs ihrer Gesellschaft und schien doch hocherfreut über die Möglichkeit, im nächsten Augenblicke wieder in Nähe des Emeritus oder gar an der Seite des Privatgelehrten sein zu können. Alle Verwunderung und Empfindlichkeit aber verlor sich rasch in dem Komischen der Situa­tion und sich aufrichtend im Sattel sagte sie mit bei­nah übermüthiger Betonung:Ull Pion, eilen wir uns, Herr von Gordon. Vito vito. Man soll die Gelegenheit beim Schopfe fassen."

Und im Trabe, während der Junge sich in den Steigbügel hing, ging es bergab.

Eine Minute noch, und man mußte die Vor- anfmarschirenden eingeholt und das Dorf selbst er­reicht haben.

Vierzehntes Kapitel.

Aber es war doch anders bestimmt, denn un­mittelbar vor dem Dorfeingange wurde Cocile, die dem Flusse zunächst ritt, einer im Grase sitzenden Dame, der Malerin, gewahr.

Wirklich, es war Fräulein Rosa, mitten in der Arbeit vor einer Staffelei, die sie sich ans drei Bohnenstangen mit eingeschlagenen Holznägeln zurecht gezimmert hatte. Die Freude der Künst­lerin gab sich, wie die der beiden Ankömmlinge, ganz ungesucht, und den Pinsel in's Gras werfend, aber die Palette immer noch aus dem linken Daumen, sprang sie von ihrem Malerstuhl auf und reichte Cscile die frei gewordene Rechte.

Willkommen in Altenbrak . . . Ach, nun ent­sinn' ich mich . . Die drei Herren, vor einer Mi­nute . . . Richtig, das war ja der Herr Oberst und der freundliche alte Emeritus. Und der Dritte . . . Ja, wer war der Dritte?"

Der Herr Privatgelehrte."

Nun, der hätte seine Langweil und sich selbst in Hotel Zehnpfund belassen können. Aber welche

Freude, Sie wieder zu sehen, meine gnädigste Frau. Und Sie, Herr von Gordon. Ach, es war mir zu viel Staub in Thale, zu viel Staub und zu viel Sonntagsgäste. Hexentanzplatz und Roß­trappe sind nur wie Tempelhos und Tivoli, Bier und wieder Bier. Aber hier ist Natur, und die weiß- und braungefleckte Kuh da . . . Sehen Sie doch nur, meine gnädigste Frau, wie das liebe Vieh dasteht und sich nicht rührt. Ein wahres Mustermodell. Ich möchte schwören, es habe Ge- müth und freue sich mit mir, daß Sie da sind."

Cscile, als die Malerin endlich schwieg, that auch ihrerseits ein paar Fragen und versuchte bei der Ge­legenheit einen Blick auf die Skizze zu werfen, aber Rosa wollte davon nichts wissen, und fuhr fort: Nein, meine gnädigste Frau, nur nicht gleich wie­der Kunst und Kunstgespräche. Was Sie herge­führt hat, hat einen andern Zweck und Namen. Und ich brauche kaum danach zu fragen. Natür­lich, der Präceptor, der alte Murrkopf, der Mann mit der sonoren Baßstimme, Selbstherrscher aller Altenbraker und dabei Landesautorität in Sachen der Schmerle. Täglich bin ich an seinem Tisch (er hält nämlich eine Pension) und dann setzt er sich zu mir und sagt mir Liebenswürdigkeiten und will mich sogar adoptiren. Aber ich Hab' ihm ge­sagt, er müsse mich heirathen, anders thät' ich's nicht, ich wolle Schloßfrau werden auf Burg Ro­denstein oder kurzweg chie Rodensteinerin und den ganzen Tag über mit dem Schlüsselbund rasseln."

Und Sie wohnen in seiner Pension?"

Nein, ich ziehe diese Seite des Dorfes vor. Ich wohne hier . . . das dritte Hans da, gleich hinter dem Staket."

Und sie wies ans ein reizendes, am Dorsein- gange gelegenes Häuschen, in dessen Vorgarten ein paar Stachelbeersträucher standen und Mohn und Borro bunt durch einander blühten. An dem Sta­ket aber trockneten Netze, während eine Sichel an der alten Linde hing.

Beneidenswerth," sagte Gordon.Manchem glückt es, überall ein Idyll zu finden; und wenn er's nicht findet, so schafft er's sich. Ich glaube, Sie gehören zu diesen Glücklichen."

Ich glaub' es beinah selbst, muß aber jedes persönliche Verdienst in der Sache von mir abwei­sen. Der Himmel legt einem nicht mehr aus, als man tragen kann. Und ich habe durchaus keine Schultern für das Tragische."

Cocile schien von diesem scherzhaft hingeworfe­nen Worte mehr berührt, als sich erwarten ließ. Jedenfalls brach sie rasch ab und sagte:Das ist ein großes Thema. Und wenn Herr von Gordon und Fräulein Rosa erst in's Philosophien kom­men ..."

Dann giebt es kein Ende."

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