Heft 
(1.1.2019) 07
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A. Müller von Brandenburg.

vorgetragen, vielleicht etwas besser als Dilettanten sonst zu thun Pflegen, und Alles drängte sich applau- dirend um mich. Nur eine Dame, die übrigens mich ganz besonders zu fixiren schien, hatte kein Wort für mich; das reizte mich, ich trat ihr etwas näher, weil ihre Züge mir bekannt vorkamen. Ich hatte mich nicht geirrt; es war Fräulein Meta hier vom Schlosse, mit der ich als Knabe bei meinem Vater den ersten Unterricht erhielt, mit der ich damals oft spielte und musieirte, freilich meistens nur, wenn es ihrer Laune gerade gefiel. Aber ich hing doch an ihr. Seit zehn Jahren hatten wir uns nicht gesehen. Als ich ihr nun an jenem Abend so unerwartet entgegentrat, als ich einen Zug des Kummers in ihrem Gesichte zu bemerken glaubte, da trat Kinderzeit und Jugendfreundschaft mir lebendig wieder vor die Seele, und vergessend, wie lange Zeit inzwischen vergangen war, rief ich freudestrahlend: »Meta, Du hier?!« und streckte ihr beide Hände entgegen. Sie wurde roth bis über die Ohren, ergriff meine Hand nicht und sagte: »Ich freue mich, mein Herr, daß Sie Ihr schönes Talent trotz Ihrer Studien nicht vernachlässigt haben«. Kurz wandte ich mich ab und hörte nur noch, daß sie aus die Frage, woher sie mich kenne, gleichgültig erwiderte: «Er ist der Sohn unseres alten Schul­meisters im Dorfe«."

Soeben wollte Falk dem Freunde antworten, als Bärbi wieder in der Thür erschien und nicht wenig überrascht war, ihren Vetter in seiner Ge­sellschaft zu finden. Jubelnd flog sie an seinen Hals, betrachtete ihn wohlgefällig und liebkoste ihn, während Conrad sich das alles mit einer gewissen Verlegenheit gefallen ließ und nichts weiter als mein gutes Bärbels" zu erwidern wußte, indessen diese vor Freude bald lachte, bald weinte und sich vor Falk entschuldigte, daß sie sich gar nicht vor ihm schäme, sich »so zu haben«. Endlich fiel es aber auch dem einfachen Landkinde auf, daß Conrad so einsilbig war und Falk nicht mehr so lustige Reden führte wie sonst, und betroffen fragte sie nach dem Grunde ihres Verhaltens.

Ja, was habt Ihr denn?" ries sie,weshalb redet Ihr kein Wörtchen? Freilich, wenn zwei so gelehrte Freunde zusammen kommen, da vergessen sie gleich die ganze Welt"

Und wir haben doch nur von Ihnen ge­sprochen," unterbrach sie Falk, um das arme Mäd­chen von ihren Gedanken abzulenken, was ihm freilich kaum gelungen sein würde, wenn nicht zufällig die Erinnerung an das auf dem Feuer befindliche Mittagessen sie wieder in die Küche ge­rufen hätte.

Conrad athmete erleichtert ans, als sie ver­schwunden war.Ist das wirklich meine Bärbi?" fragte er.

Ist sie nicht das schmuckste Mädel und das beste Herz auf der Welt?" entgegnete Heinrich.

Aber wie ganz anders stand sie vor meinem Gedächtniß," bemerkte Conrad.Ja, ja, ich muß mich erst wieder in die Heimath finden."

Falk erschrak über diese Worte; dann nahm er sich vor, dem Freunde ernstlich ins Gewissen zu reden, und ermahnte ihn, mit sich zu Rathe zu gehen, sich selber klar zu werden, sich nicht in unnützem innerem Kampfe aufzureiben, sondern, so oder so, seine Zukunft zu entscheiden.

Wenn Du das Mädchen siehst mit dem blü­henden Frühling im Blick, mit dem ganzen Herzen auf den Lippen und sie Dir gehört, kannst Du noch fragen, wo das Glück ist?"

Du hast recht," ries Conrad erregt,und doch, doch"

Bärbi unterbrach ihn, aus dem Fenster rufend, daß der Onkel soeben herannahe, und bat, die bei­den Männer möchten vorläufig hinter den Bäumen sich verbergen, damit der alte Mann nicht durch den plötzlichen Anblick des Sohnes erschreckt würde, bevor sie ihn aus Conrad's Anwesenheit vorbereitet hätte. Sic gehorchten, wenngleich Conrad in seiner Erregung nur widerwillig; Barbara trat heraus und empfing den Alten mit freundschaftlichen Vor­würfen, daß er gerade heute so lange geblieben, wo sie einen Gast zu Mittag haben würden. Nun sollte er rathen, wer der Gast wäre, nicht aber gleich an seinen Conrad denken; und als der Schul­meister durchaus nicht herausfand, wer der Besuch wohl sein könnte, nannte sie ihm trinmphirend Falls Namen, worüber der Alte eine herzliche Freude empfand. In diesem Augenblicke trat Heinrich auch schon ans seinem Versteck hervor und wurde von dem alten Bronker herzlich begrüßt.

Die Freude hätte ich mir nicht träumen lassen," sagte Bronker lachend.

Und doch ist's noch gar nichts," rief Bärbi vergnügt,mit dem Herrn Falk, das wäO noch gar nicht der Rede werth. Es kommt besser, noch viel besser. Was giebt mir der Onkel, wenn ich ihm den Conrad auch daher schaffe, da, an den nämlichen Platz? Sehen Sie wohl," fuhr sie zu Heinrich Falk fort,kaum hört er den Namen, und er ist fast närrisch vor Freude! Na, Onkel, erschrick nur nicht, da ist er, der Conrad." Und im selben Augenblick lagen Vater und Sohn sich in den Armen zur großen Genugthuung Bärbüs, die sich mit der Schürze vor Rührung die Augen wischte, dann aber, als die beiden in das Haus gingen, in die Küche eilte, um das Tischzeug zu holen, da man in aller Eile beschloß, draußen unter der Linde das Mahl einzunehmen.

Falk, der draußen allein blieb, fühlte sich etwas vereinsamt. Vater und Sohn hatten mit sich zu