Heft 
(1.1.2019) 07
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A. Müller von Brandenburg.

denke ich, wird Sie nicht verletzen und mich" und seine Miene wurde noch ernstermich freut es. Auf Wiedersehen, meine Herren!"

Mit diesen Worten verließ er, obenhin grüßend, das Zimmer. Bronker und'Stürmer blieben allein zurück, und letzterer murmelte zwischen den Zähnen einige unverständliche Worte von gefährlichem Ein­flüsse dieses jungen Mannes, von der Nothwendig- keit, ihn von dem Minister so oder so zu entfernen.

Der Ministerialrats) blätterte schweigend in seinen Akten.

Nun, Herr Ministerialrath," begann Stürmer nach einer kurzen Pause,wenn der Herr Minister selbst Sie seine rechte Hand nennt"

Conrad unterbrach ihn lebhaft:Hyperbel!"

Sie haben recht. Wenn er noch seinen Kopf gesagt hätte. Wer ist es denn, der arbeitet, seinen Geist, seine Feder hergiebt, kühne, energische Pläne entwirft? Sie, Herr Ministerialrath. Wer hat die Anerkennung, die Stellung, die Orden dafür? Seine Exeellenz, der behaglich, mühelos an reichbesetzter Tafel sitzt, während Sie Ihre Nächte opfern. Und was läßt er Ihnen von dem Ruhm Ihres Geistes, Ihres Fleißes?"

Nicht weiter, Herr Polizeirath. Exeellenz überhäuft mich mit Freundlichkeit, Wohlwollen und Vertrauen."

Er weiß, weshalb er es thut."

Er behandelt mich fast wie einen Freund."

Jawohl. Er führte Sie ein in die Gesell­schaft. Sie müssen durch Ihr musikalisches Talent seine Soireen illustriren, er schmückt sich mit dem Glanze des Proteetors, ja, er prahlt damit, daß er Sie seinen Freund nennt. Eitelkeit der Hoch­stehenden, die mit Herablassung prunkt. Ich wünsche Ihnen, daß Sie niemals erfahren, wie schwach, wie unhaltbar das alles ist."

Ich habe dem niemals einen höheren Werth beigelegt, als den des Augenblicks."

Der Polizeirath lächelte eigenthümlich. Er konnte und wollte das nicht glauben. Aber er mußte klar sehen, mußte genau erfahren, wie der junge Mann eigentlich dachte, er mußte wissen, wie man mit ihm dran war, wieweit man auf ihn zählen konnte. Er begann also aufs Neue:

Und dafür begnügen Sie sich, für ihn zu schaffen und zu denken? Wohl Ihnen, daß Ehr­geiz Ihnen fremd ist. Wenn Sie für sich thäten, was Sie jetzt für einen Andern thun, welcher: Platz könnten Sie einnehmen, wie anders würde Ihr Name weit über die Grenzen unseres kleinen Lan­des hinaus genannt werden. Diese Vornehmen würden Ihnen immer ihre Geburt vorwerfen. Sie gebrauchen Sie, aber sie würden Sie nicht neben oder gar über sich dulden. »Ich will mir^doch die letzte Entscheidung Vorbehalten« sagte er

nicht so? Sie denken, arbeiten, wagen dann nickt er mit dem Kopfe und damit ist Ihr Genie, Ihr Fleiß, Ihr Muth sein. Und wenn dies oder jenes mißlingt einen Sündenbock müssen sie ja

doch haben.-Aber meine Offenherzigkeit reißt

mich hin, und Sie werden dies Alles früh genug selbst erkennen, selbst erfahren.-Auf Wieder­

sehen, bescheidenster aller Ministerialräthe!"

Bevor Conrad auch nur eine Silbe zu ant­worten vermochte, war der Polizeirath verschwun­den. Heftig erregt ging Bronker im Zimmer ans und ab.

Der Unverschämte," rief er halblaut, dann machte er plötzlich Halt.

Welche Sprache hatte sich dieser Mann zu ihn: erlaubt! Und doch! Je mehr er über Stürmers Worte nachdachte, desto mehr wollte es ihm dünken, als ob der Polizeirath doch manches Wahre gesagt hätte, das sich offen selbst einzngestehen er bisher nur nicht den Muth hatte. Fremde Leute also hatten erkannt, was er selber nicht bemerkt hatte, daß er wie eine Gnade des Ministers Protektion empfing, der doch seine eigene Bedeutung nur ihm verdankte, ihm, der überdies sich noch gar der Exeellenz zu Dank verpflichtet geglaubt hatte. Es war ja richtig: Rang und Stellung in der Welt giebt dem Menschen das Genie, der Fleiß, die Kraft. Stand er in diesen Dingen irgendwer:: im Staate nach? Sollte er nichts erreichen können nur deshalb, weil er der Sohn des armen Lehrers war? Die Gunst des Ministers, ans die er bis­her so stolz gewesen, drückte ihn jetzt zu Boden. Ja, er wollte auch das Höchste erreichen, aber nur aus eigener Kraft.

Und die Kraft und der Wille sind da," rief er heftig,ich brauche nur noch den Weg, und der wird sich zeigen!"

Da erschien der Diener und meldete den Herrn Banqnier Strauß. Conrad befahl, ihn sofort ein- treteu zu lassen.

Der Banqnier Strauß, ein behäbiger Mann mit klugem Gesichte, erschien in der Thür. Er machte den Eindruck eines Menschen, der sich seiner eigenen Bedeutung, seiner geistigen Fähigkeit be­wußt ist und sein Ziel, sei es aus welchem Wege und durch welche Mittel auch immer, zu erreichen versteht.

Verzeihen Sie, Herr Ministerialrath," begann er mit einer tiefen Verbeugung,wenn ich mir noch einmal erlaube, in der bewußten Angelegen­heit zu kommen."

Herr Strauß, ich sagte Ihnen gestern schon, daß die Erfüllung Ihres Wunsches nicht in meiner Macht liegt. Der Chef allein"

Strauß lächelte verschmitzt.

Herr Rath, ich wage Ihnen doch zu wider-