Heft 
(1.1.2019) 07
Seite
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Moritz von Reichenbach.

in der That ziemlich unglaublich klingen mußte, und daß dieselbe seine Erregung allerdings nicht recht motivirte. Und wie ein Blitz durchzuckte ihn selbst erst in diesem Augenblick die Erkenntniß der Empfindung, welche ihn bei dem Bericht Karl Her- sallls in solche Aufregung gerathen ließ er wußte plötzlich mit unumstößlicher Gewißheit, daß er Frau Eva liebte, daß es der Gedanke an sie gewesen war, der alle seine Pulse schneller schlagen ließ, als Karl Hersall ihm von der Verlobung sprach, die sein Vater geplant habe."

Ich erhalte meine Anklage aufrecht," erklärte der Baron mit fester Stimme.

Und ich verhafte Sie auf Grund dieser An­klage, Herr Assessor von Hagen," setzte der Amts­richter hinzu.

Die Worte durchzuckten Horst, als habe eine kalte Dolchspitze ihn berührt. Er, der freie, un­bescholtene Mann, verhaftet, unter Verdacht des Mordes!

Sie werden Ihre Anklage vor Ihrem Gewissen zu verantworten haben, Herr Baron," sagte er dumpf, ich gebe zu, daß der Schein gegen mich ist, und daß hier ein Geheimniß waltet, welches für mich so dunkel ist als für Sie. Doch erkläre ich feierlich als Mann von Ehre, der bisher stets seine Worte verantwortete, daß ich unschuldig bin. Eine Riva­lität zwischen mir und Ihrem Sohne war völlig undenkbar, denn erstens stehe ich der Baronin völlig fern und zweitens gehörte das Herz Ihres Sohnes einer anderen. Fragen Sie Fräulein von Seiger."

Das ist nicht wahr, ich weiß, daß das nicht wahr ist," rief der Baron.

Das Weitere wird die Untersuchung und der Prozeß ergeben," erklärte der Amtsrichter,uns bleibt hier nichts zu thun, als den Verhafteten so­gleich mit uns zu nehmen."

Ich bin bereit Ihnen zu folgen," sagte Horst gefaßt,auch ich hoffe auf die weitere Untersuchung, welche die Wahrheit an den Tag bringen muß."

VIII.

Als der Baron zurückkehrte, fand er Irene in Thränen aufgelöst, Frau Eva blaß und ruhig. Mit kurzen Worten theilte er den Seinen Horst's Ver­haftung mit. Da richteten sich Frau Eva's Augen mit einem seltsam brennenden Blick aus ihn.

Wer hat den Assessor verhaftet?" fragte sie und ihre sonst so sanfte Stimme klang rauh.

Das Gericht die gegen ihn vorliegenden Verdachtsgründe sind erdrückend!"

Sie glauben an seine Schuld?" schrie sie auf.

Ja, meine arme Eva, ich muß es wohl. Unser guter Karl wird nicht ungerächt bleiben!"

Frau Eva verließ das Zimmer. Irene weinte, ohne für die letztere Mittheilung des alten Herrn irgend ein Interesse zu zeigen, herzbrechend weiter.

Der Baron beschloß, die Leiche seines Sohnes nach dem schlesischen Familiengute zu bringen und mit den Seinen Lorbeck so schnell als möglich zu verlassen.

Am Abend theilte er Frau Eva seinen Entschluß mit. Da geschah etwas, was dem alten Herrn ganz unmöglich erschien, weil ein ähnlicher Fall bisher nie vorgekommen war. Frau Eva sprach ent­gegen dem Willen ihres Schwagers den Wunsch aus, in Lorbeck zu bleiben.

Aber begreifen Sie denn nicht, daß Sie als Karl's Braut bei seiner Beisetzung zugegen sein müssen?" rief der Baron erregt.

Ich war nicht seine Braut," entgegnete sie.

Aber Sie sollten es werden, oder soll ich glauben, daß Sie mit dem Buben, der Karl aus Eifersucht erschossen hat, gemeinsame Sache mach­ten? Vielleicht mit allem einverstanden waren?"

Der Baron war es nicht gewohnt, seine Worte zu wägen, wenn er mit seiner Schwägerin sprach, sie hatte bisher alles was er sagte still und schwei­gend hingenommen.

Jetzt stand sie plötzlich hoch aufgerichtet vor ihm mit zornsprühenden Augen.

Sie wagen es, mir das zu sagen? lind Sie scheuen sich nicht, den Assessor von Hagen einer so niedrigen Handlung, eines so furchtbaren Verbrechens anzuklagen? Was berechtigt Sie dazu?"

Der Baron starrte sie an wie eine fremde un­heimliche Erscheinung. Doch er war nicht der Mann dazu, sich einschüchtern zu lassen.Nicht Sie haben das Recht hier zu fragen, sondern ich," rief er.Und ich frage Sie: wie kamen Sie dazu, mit diesem fremden Menschen stundenlange, einsame Spaziergänge zu machen, wie kommen Sie dazu, ihn jetzt in Schutz nehmen zu wollen? Er hat Karl in den Wald zurückbegleitet, die Kugel seiner Büchse ist in der Todeswnnde meines armen Soh­nes gefunden worden wollen Sie noch einen klareren Beweis. Und nun frage ich Sie: welchen anderen Grund konnte er haben, seinen früheren Freund hinznmorden, als die wahnsinnigste Eifersucht. Karl hat ihm seine bevorstehende Verlobung mit- getheilt er antwortete mit der Kugel das ist doch alles so klar, daß jedes Kind es verstehen könnte."

Frau Eva war einen Augenblick in sich zu­sammengesunken. Dann richtete sie sich wieder stolz auf.

Er ist dennoch unschuldig," sagte sie,zwi­schen uns ist nie ein Wort von Liebe gewechselt worden."

Im Uebrigen wird es Sache der Gerichte sein,