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(1.1.2019) 07
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Carl Lüdkrs. Uüma und Gesuudheitsverhältnisse IVestafrika's.

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temperatur noch unter dem Gefrierpunkt liegt, und in Singapur, das fast vom Aeqnatorberührt wird."

Die Akklimatisation ist also ein Vorgang, wel­chem sich Jeder, der in ein anderes Klima uber­siedelt, zn unterwerfen hat, aber an und für sich durchaus nicht eine Krankheit hervorznrufen braucht. Wir in unserem Klima erleben etwas ganz ähn­liches, denn der Uebergang des Winters zum Som­mer und umgekehrt ruft bei Vielen Erkältungen und dergleichen hervor, Manche jedoch bleiben hiervon vollkommen unbelästigt.

Wie lange es währt, ehe sich ein Mensch in einem anderen Klima vollkommen akklimatisirt hat, kann man noch nicht mit Sicherheit angeben; eben­falls ist es unmöglich, die Vorgänge am Körper zu beobachten, welche die Akklimatisation hervor­ruft, da dieselben in ganz allmählicher Weise vor sich gehen. Für Westafrika nimmt man an, daß sich der Europäer innerhalb dreier Jahre akklima­tisirt habe.

Im tropischen Afrika giebt es recht schwere und oft tödtliche Krankheiten, bei welchen man häufig den Fehler begeht, diese dem Klima einzig und allein zuzuschreiben, wohin besonders das Fieber gerechnet wird. Nun trifft man jedoch in verschie­denen Gegenden, welche ein dem westafrikanischen sehr ähnliches Klima besitzen, wie z. B. in Sin­gapur, Nenkaledvnien, auf den Bermuda-Inseln, an den sumpfigen Ufern des Amazonenstromes, fast gar kein Klimafieber an. Thatsache ist es, daß das Fieber in Afrika auch bei Weißen auftritt, welche schon länger als drei Jahre dort zubrachten, sich also schon vollständig an das Klima gewöhnten. Und nicht mw die Europäer, sondern auch die schon seit Jahrhunderten im Lande lebenden Neger wer­den oft mehr oder weniger heftig vom Fieber be­fallen, und sterben besonders viele kleinere Kinder daran. Or. Mäh ly, ein schweizer Arzt, der sich zwanzig Monate an der Goldküste anfgehalten hat, und eingehende Studien über das Fieber machte, giebt an, daß von 15,469 Mann Negertrnppen, die in den Jahren 1859 bis 1875 in den englischen Besitzungen an der Westküste Afrikas stationirt waren, 4983 wegen Klimasieber behandelt wurden.

Welchen Grund kann man nun für die Ent­stehung des Fiebers annehmen? Noch vor wenigen Jahren hätte diese Frage unbeantwortet bleiben müssen, heute aber ist es der Wissenschaft gelungen, dieselbe in befriedigender Weise zn lösen und auch Beweise zn bringen. Nach den Beobachtungen vieler Autoritäten ans dem Gebiete der tropischen Krank­heiten, entsteht das Fieber durch kleine, kaum mit dem Mikroskope sichtbare Pilze, welche sich zwar nicht vom Menschen ans den Menschen fortpflanzen, sondern durch Vermittelung der Athmungslnft, sowie auch wohl durch das Trinkwasser in den mensch­

lichen Körper gelangen. Es ist durchaus nicht nothwendig, daß der Mensch eine große Anzahl Pilze oder Keime zn sich nimmt, sondern durch die eintretende Vermehrung dieser winzigen Wesen im Körper wird die Krankheit in mehr oder weniger heftiger Weise hervorgernfen. Wer aber das Vor­handensein des Fieberpilzes anzweifelt, dem sei die Thatsache angeführt, daß Prof. Marchiafava und Ur. Celli in Rom durch absichtliche Uebertra- gnng einer kleinen Menge Blut von Kranken ans Gesunde Fieber bei Letzteren hervorgerufen haben. Die Verbreitung des Fieberpilzes ist nicht an einen bestimmten Ort gebunden; man hat gefunden, daß Gegenden, die früher gänzlich vom Klimafieber ver­schont geblieben sind, plötzlich davon befallen wur­den. Als Beispiel sei hier angeführt, daß die In­seln Rounion und Mauritius bis zum Jahre 1867 resp. 1869 ihres gesunden und herrlichen Klima's wegen berühmt waren, dann aber brach das Fieber in mörderischer Weise aus und hat bis auf den heutigen Tag gewüthet. Wer aber glaubt anneh- men zu müssen, dieses Fieber sei nur in den Tropen zn suchen, begeht einen großen Jrrthnm, denn das­selbe findet sich auch in der gemäßigten Zone, wenn auch nicht so häufig und in so gefährlicher Weise.

So wenig also unser Klima Typhus oder Cho­lera hervorruft, ebenso wenig darf man das afri­kanische Klima als Urheberin des Klimafiebers an- sehen, höchstens kann man sagen: gerade das Klima der Westküste Afrikas ist in ganz besonderer Weise dem Fieber günstig. Darum kann man den Na­men Klimasieber nicht für richtig anerkennen, wes­halb der aus Italien stammende AusdruckMala­ria" in weiteren Kreisen mehr und mehr Aufnahme findet.

Diese Malaria ist nun eine schwere, unter Um­ständen selbst tödtliche Krankheit, von welcher man gewöhnlich drei Arten unterscheidet. Schmerzen in den Gliedern, ähnlich wie bei Rheumatismus, sind die Vorboten der mildesten Form der Krankheit, woraus dann abwechselnd Hitze und Kälte folgen. Hat sich aber erst Schweißabsonderung eingestellt, die man durch Trinken von Thee oder Wasser mit Citronensaft zu beschleunigen sucht, so ist die Kraft des Fiebers gebrochen, und die Weißen sind als­dann wieder im Stande, mit einiger Schonung ar­beiten zu können. Eine gefährlichere Form des Fie­bers, in Westafrikn Gallenfieber genannt, ist die­jenige, bei welcher sich ans Gesicht, an den Händen, sowie anderen Stellen des Körpers gelbe Flecke zeigen. Von der dritten Art, der gefährlichsten und gesürchtetsten, werden mindestens die Hälfte der davon Befallenen eine Beute des Todes. Sie führt den Namen perniciöses oder hämaturisches Fieber, zuweilen auch afrikanisches Fieber genannt. Fast ebenso schnell wie beim gelben Fieber und der