Heft 
(1.1.2019) 07
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Carl Lüders. Klima und Gesundheitsverhältnisse Vestafrika's.

rächt sich ein Diätsehler oft in gefährlicher Weise. Daß der allzu häufige Genuß geistiger Getränke in Westafrika, wie überhaupt in heißen Ländern, sicher einen schnellen Tod herbeiführt, ist allgemein bekannt, und mancher Europäer hat sich lediglich durch die beliebtenStärkungen" mit geistigen Getränken zu Grunde gerichtet. Es ist durchaus nicht nothwendig, daß man sich gänzlich alkohol­haltiger Getränke enthält, sondern nach den Er­fahrungen Vieler sind ein Glas Wein bei Tische und eine Flasche Bier des Abends eine weit größere Annehmlichkeit wie bei uns. Maßhalten in Allem und Jedem ist in Westafrika eine Kunst, welche Jeder üben muß, der drüben leben und gesund bleiben will.

Was nun die Kleidung in den Tropen anbe­trifft, so sei hier nur bemerkt, daß die Wolle allen anderen Stoffen vorzuziehen ist, wenigstens dann, wenn man sich körperlichen Anstrengungen unterzieht und durch Schweiß oder Regen naß wird, da die Woll- kleidung immer trockener bleibt wie baumwollene.

Gegen das Fieber selbst besitzen wir in dem Chinin ein vortreffliches Mittel, welches, richtig an­gewendet, fast unfehlbar wirkt. In Westasrika wird mit dem Chinin mannigfach Unfug getrieben, denn viele Küstenbewohner nehmen dasselbe in Dosen, die bei uns für durchaus schädlich gehalten würden. Bei solchen Leuten aber, welche feit Jahren Chinin geschluckt haben, besitzt dieses Arzneimittel eine viel schwächere Wirkung als bei frisch angekommenen Weißen.

Für den nach Westafrika Hinausgehenden wird es auch noch eine große Beruhigung sein, daß der erste Fieberanfall niemals mit dem Tode endet und nur selten Gefahr für das Leben vorhanden ist, wenn beim ersten Unwohlsein die nöthigen Maß­regeln ergriffen werden.

In letzter Zeit ist sehr oft von verschiedenen Seiten behauptet worden: die höher gelegenen Ge­genden im tropischen Afrika sind gesund und na­mentlich das Fieber kommt hier nicht vor. Diese Be­hauptung ist zum mindesten als eine etwas vorschnelle zu bezeichnen, denn was wissen wir eigentlich über die Temperatur und namentlich der Gesundheits­verhältnisse in jenen Gebieten? Man kann doch un­möglich von denjenigen wissenschaftlichen Reisenden, welche die höher gelegenen Länder in West- und Centralafrika durchwandert haben, verlangen, ein richtiges Urtheil über die Klimaverhältnisse zu fällen. Außerdem geben die wenigen, und in Be­treff der Zeitdauer nur kurzen Beobachtungen noch lange kein vollkommen genaues Bild derselben. Was wir aber bis jetzt von dem Klima der Gebirgs- nnd Hochländer wissen, läßt viel mehr auf das Vor­handensein der Malaria schließen, als das Gegentheil.

Es ist unleugbar, daß die Luft der Hochebenen

im Vergleich mit derjenigen der schwülen und an vielen Stellen fieberschwangeren Küstenländer bedeu­tend reiner ist, auch auf den von der Küste kom­menden Europäer erfrischend und belebend wirkt. Falsch ist es jedoch, zu glaubeu, das Klima im Junern häuge von der Höhenlage ab, höchstens kann dies erst von einer sehr bedeutenden Höhe der Fall sein. In Afrika beginnt die Schneegrenze erst bei 5000 Meter, weshalb es sich leicht eiusehen läßt, daß eine Er­hebung von 500 oder 1000 Meter nicht viel zu bedeuten hat. Die Hitze, welche, nebenbei bemerkt, in den Küstengegenden selten höher steigt wie im Sommer, wenn auch nur vorübergehend, bei uns, ist in den Hochländern nur wenig niedriger. Wäh­rend z. B. die Dnrchschnittstemperatur in Sansibar 32 0 ^ (25^0 R.) beträgt, beobachtet man zu Rubaga im Lande Uganda am Viktoria-See 30 o C. (240 R.Z im letzteren Orte siel die Temperatur jedoch Nachts auf 15" oder 130C. (12« oder 10^/R.), in Sansibar aber nur an den kühlsten Regentagen Nachts auf 22" C. ( 17 ^/^o Msi Die gleichmäßige Hitze in den Küstengebieten wirkt aus die Dauer sehr erschlaffend auf den Europäer, und mögen die Länder im Innern daher vielleicht angenehmer für die Weißen fein, wo doch wenigstens in der Nacht einige Kühle herrscht. Schließlich fei noch das Urtheil eines neueren Afrikareisenden, des Lieu­tenant Kund angeführt. Derselbe sagt:Es ist oft die Ansicht verbreitet, nur der Küstenstrich sei un­gesund, das Innere, besonders die höher gelegenen Gegenden, seien gesünder. Das trifft nicht zu. Die Küste ist am gesündesten, einmal durch den heil­samen Einfluß der Seebrise, das anerkannt beste Heilmittel für Fieberkranke, zum andern durch den weit größeren Comfort an Lebensmitteln, den die stetige Verbindung mit dem reichen Europa er­möglicht."

Auf den Kamerunberg hat man große Hoff­nungen für die Errichtung einer Gesundheitsstation gesetzt, und würde eine solche für Westafrika sicher von großem Segen werden. An der Goldküste be­finden sich weiter landeinwärts in Aburi, in 1350 Fuß Höhe, sowie in Akropong, 1400 Fuß Höhe, solche Stationen, von welchen es ohne Zweifel ist, daß viele fieberkrank von der Küste gekommene Kaufleute und Missionare hier gesund geworden sind. Ebenfalls giebt es auf Fernando Po, ungefähr zwei Wegstunden von Santa Isabel ein von der spa­nischen Regierung angelegtes Sanatorium, das in 1200 oder 1400 Fuß Höhe gelegen ist. Diese Station, Basileh genannt, kann nach vom Gouver­neur eingeholter Erlaubniß benutzt werden, doch müssen die notwendigen Lebensmittel selbst mit­gebracht werden.

Was nun das Kamerungebirge als Gesundheits­station anbelangt, so ist dasselbe ohne Zweifel