Heft 
(1.1.2019) 07
Seite
326
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Großes Hivovac.

Ein Soldairnbild von A. v. Winkerfeld.

ie große Armee ist zur Ruhe gegangen. Was noch vor wenigen Stunden Kraft, 'Leben und Bewegung war, hat sich gelagert aus dem braunen Blachfeld, das noch die Stoppeln von der Ernte trägt. Es ist dunkel geworden, der Himmel hat seine Lichter nicht angesteckt, und aus den feuchten Wiesen dampft der Nebel empor und zieht in trägen Wallungen über das Land. Alles still in der weiten Natur; wer draußen nichts mehr zu thun hat auf dem naßkalten Acker, ist in die niedrige Stube gekrochen und schmaucht dort beim Stümp- chen Licht seine Abendpfeife; nur wenn man in die Nähe des lang gestreckten Bivouac's kommt, schlägt ein eigenthümlich Summen an unser Ohr, wie das ferne Branden des Meeres, das noch in träger Ruhe seine Wellen an's Ufer wirst. Kommt man aber näher, wird die Unterscheidung schon deutlicher. Das Schnauben und Schnuppern der fressenden Pferde, ein wirres Durcheinander von tausend und abertausend menschlichen Stimmen, 'mal ein hartes Wort dazwischen, oder ein verhallender Sang, das Knacken und Kreischen heranfahrender Wagen, das Alles macht einen fast feierlichen Eindruck, wie das leise Grollen vor naher Schlacht. Tritt man noch näher heran, sieht man auch schon das traumhafte Regen und Bewegen; um die Feuer, die in häß­lichem Gelb aus dem dichten Nebel blaken, schweben seltsam vergrößerte Schatten, hier dunkler, dort Heller, je nachdem sie mehr oder weniger weit entfernt sind; lauge Reihen warm zugedeckter Pferde bezeichnen die Lagerstätten der Cavallerie; vor den Strohhütten, wie Pilze aus dem Boden aufge­schossen, hat des Königs blaues Fußvolk sein Nacht­quartier aufgeschlagen, und dort hinten, am linken Flügel, stehen die großen Knallbüchsen in tadelloser Richtung, und der flackernde Schein des Wachtfeuers spielt wie mit tastendem Finger über manch' erze­nes Rohr.

Der kleine Infanterist hat es eigentlich immer am besten; man sollte glauben, daß er todmüde sei, wenn er den ganzen Tag durch Dick und Dünn geknetet; sowie er aber in's Bivouac rückt, ist er lustig wie ein Sperling, der fidelste von allen;

rasch die Gewehre zusammengesetzt; dann Feuer angemacht, Hütten gebaut und kaum ist eine halbe Stunde iu's Land gegangen, so führt er schon den Bärentanz auf, singt einen heiteren Chor, oder treibt sonstige Possen und Allotria.

Die Cavallerie hat es entschieden schlecht. I, die können schon lachen, denkt Mancher, die machen ja ihren Dienst im Sitzen ab, wo sich ein Anderer die Füße wuudlausen muß. Das ist aber eitles Gerede, von Leuten, die es nicht verstehen; die Hühneraugen wachsen nicht allein auf dem kleinen Zeh, und wenn der Reiter schließlich von seinem Pferde steigt, dann ist er so steif wie ein Bock, und die Knochen thun ihm Weh zum Gotterbarmen. Hat auch nicht Lust, Hütten zu baueu; das Stroh, was er bekommt, streut er den Pferden unter, stiehlt ihnen wo möglich noch 'was zu, und er selbst legt sich, wo er grade zu liegen kommt, den Mantel um und dann in den weichen Schmutz. Manchmal läßt er aber auch den Mantel aus . . am liebsten hat er ihn, wenn er gewickelt ist. Die einzige Hütte, die gebaut wird, ist für den Herrn Regimentscommandeur. . das ist gewöhnlich ein alter Mann, der aber immer noch weiter dienen muß, immer noch in Wind und Wetter die kranken Glieder tragen, damit Frau und Kinder sich warm zndecken können, wenn er selbst in die kühle Gruft gesenkt. Und dabei immer noch den Bramarbas spielen und den schwarzgesärbten Schnurrbart strei­chen, wenn's drinnen fröstelt und hüstelt... 's ist auch 'ne Tapferkeit. Die andern Offiziere legen sich in den Schmutz . . der alte Premier-Lieute­nant in den tiefsten ... um seine unvergleichliche Natur zu zeigen. . . damit er noch 'ne Escadron bekommt . . . wer sie schon hat, kann's an sich kommen lassen .. . Etatsmäßiger wird er doch noch, aus Gnade und Barmherzigkeit. . . das thun sie dem langgedienten Offizier nicht an, daß sie ihm den Major nicht geben sollten ... und weiter hatten die Meisten damals nicht gerechnet.

Bei der Artillerie ist es jedenfalls am gedie­gensten . . am handfestesten . . . das sind gewöhn­lich ernste Gestalten in schwarzer Uniform, die