A. v. Winterfell). Großes Bivouac.
327
unwillkürlich an den Tod erinnert . . wo die Hinhalten, wächst kein Hafer mehr, und wen sie treffen, der quält sich nicht mehr lange . . . mit einem Strich die Rechnung abgeschlossen. Wem sie die Hand drücken, der fühlt's 'ne Weile, und wenn sie 'neu Fluch ausstoßen, dann klingt das doch nach 'was . . . lauter Bomben, Granaten, Kartätschen und Haubitzen.
Beim schweren Geschütz läßt sich's am besten leben; deshalb sehen sie auch alle so untersetzt und stämmig aus. Die verstehen zu essen, und 'nen Tropfen zu trinken verstehen sie auch. Der Ca- vallerist kann's ebenfalls . . . wenn er's nur immer bei sich hätte . . aber da liegt eben der Hund begraben . . . was geht denn in die kleinen Pisto- lenholftern hinein? ... in die eine 'ne Semmel, und in die andere ein Flacon. . nicht größer als 'ne Flasche Patchouli . . von Treu und Nuglisch . . nicht 'mal gnug, um's mit 'nein guten Freund zu theilen . . . Dagegen die solide Artillerie! . . . da ist noch viel Platz in den blauen Protzkasten . . da geht noch mancher Schinken und mancher Liter schwer Getränk hinein, wenn man die Munition ein Bischen enger packt . . Dann knurrt der Magen nicht, wenn er gegen Andere rebellisch wird.
Hier hält sich auch der Marketender nicht recht auf . . . Der Cavallerist kauft höchstens ein Stück Commißbrod für sein Pferd; aber der Infanterist hat alle Augenblick 'ne Wurst beim Wickel. Viel
ist's ja auch nicht; aber die Masse muß es brin
gen ... es sind die Meisten bei des Königs Blauen.
Ich stand bei einem Cavallerie-Regiment und lag mit einigen Kameraden um ein bitter qualmendes Feuer. Das nasse Holz knackte und wollte
nicht brennen; dabei spritzte Einem alle Augenblick ein Funke oder kleiner Span anf's Leib. Der
Commandeur war eben in's Nest gekrochen, um sich von seinem Burschen in Stroh wickeln zu lassen wie eine Flasche Elixir de Spaa, und wir anderen Drei ließen uns die Stiefelsohlen versengen und rauchten aus unseren kurzen Manöverpfeifen mit dem elenden Bivouacsfener um die Wette. Der dicke Rittmeister von Strüllpitz verdrehte die Augen, als ob er müde wäre, und der nicht minder feiste Lieutenant von Padderow beobachtete mit großer Aufmerksamkeit seinen Grog, den er in einem Kochgeschirr am Feuer stehen hatte. Es war Wasser aus dem nahen Tümpel an der Wiese, ein bischen schlechter Rum und gar kein Zucker. Ab und zu fiel eine Kohle hinein oder eine trockene Nadel vom Fichtenzweig.
„Jetzt wirft er Blasen!" rief plötzlich der dicke Offizier, mit der rothen Nase im aufsteigenden Dampf schwelgend und die schräg geschlitzten Augen in's Geschirr gesenkt. . . „jetzt wird er gleich im Kochen sein."
Der Rittmeister ringelte verständnißvoll die Sehorgane weiter auf und leckte sich die vollen, bärt'gen Lippen.
„Wenn man das bedenkt" . . sagte er, sich länger streckend und die Pfeife wieder gehörig in Brand paffend.
„Was denn, Herr Rittmeister?"
„I ... ich meine nur . . . wie das so verschieden ist, im Soldatenleben . . . gestern beim reichen Grafen . . im vornehmen Schloß . . . ein eleganter Kammerdiener und zwei Lakaien . . . perlender Champagner im feinen Glas ..."
„Und die schönen Gräfinnen, die nachher so hübsch sangen und spielten," setzte Padderow hinzu, indem ein breites Schmunzeln über die verquollenen Züge glitt. . .
„Ach, was!" unterbrach ihn der Rittmeister... „'ne gute Cigarre wär' mir lieber gewesen . . wenn man nach solchem Souper nicht rauchen kann, ist die Blume davon hinweggenommen . ."
„Alles kann man nicht beisammen haben," meinte der kleine Feiste, sich den nassen Nebel aus dem langen Vollbart streichend. . . „Deshalb ist ja eben unser Landsknechtleben so schön . . . überall fehlt ein Stück daran . . was man heute nicht hat, das findet man morgen, und was heute erfreut, fehlt wieder ein ander Mal . . . heute hauchen wir einen schüchternen Kuß ans die zarten Fingerspitzen der Comtesse, morgen bekommt die Bauerndirne ihren Schmatz . . heute roth und morgen todt, wenn's 'mal zum Ernst kommt . . gestern Sect im klingenden Glas und heute Grog aus dem klappernden Kochgeschirr..."
„Ist denn der edle Trunk nun endlich fertig?" fragte Strüllpitz ... „ich dächte, Zeit genug hätte er dazu gehabt."
Der dicke Offizier wollte das Gefäß vom Feuer nehmen und verbrannte sich die Finger dabei.
„Oho!" sagte er. . . „das ist ein Bischen zu toll geworden!" . . Dann zog er sich Handschuhe an und nahm das Gefäß zurück.
„Pusten Sie erst 'ne Weile," rieth der Rittmeister . . . „aber gießen Sie kein kalt Wasser zu . . . lieber warten wir noch ein bischen. . .
Da Padderow derselben Ansicht war, geschah dies auch, und als zuletzt der aufsteigende Dampf in dem dichten Nebel nicht mehr zu sehen war, faßte der feiste Lieutenant das Kochgeschirr mit beiden Händen und hielt es dem Vorgesetzten hin.
„Bitte, Herr Rittmeister . . wollen Sie gefälligst anheben? . ."
Der Alte legte die Pfeife weg, verdrehte die Augen, wie er immer that, wenn ihm ein hoher Genuß bevorstand und bereitete sich, einen tiefen Zug zu thun.
Aber er kam nicht so weit, wie er gewollt;