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A. v. Winterfell».
nachdem er ein paar herzhafte Schlucke gethan, setzte er schnell wieder ab, machte ein furchtbares Gesicht und schüttelte sich, wie in einem Fieberanfall.
„Noch zu heiß?" fragte Padderow, der erst mit Interesse zugesehen.
„Das ist ja infames Zeug!" brummte Strüll- pitz unter abermaligem Schüttelfrost ... „es schmeckt, als wenn man im Schornstein gesessen hätte."
„Sie haben vielleicht eine Kohle in den Mund bekommen, Herr Rittmeister. ."
Dieser fühlte erst eine Weile mit der Zunge an den Zähnen herum, ohne daß er etwas Verdächtiges hätte entdecken können.
„Dann muß ich sie 'runtergeschluckt haben," sagte er. . . „ich kann mich nicht mehr genau erinnern ..."
Padderow nahm dem Alten das Kochgeschirr aus der Hand, um sich selbst zu überzeugen . . . . ganz gegen seine sonstige Gewohnheit trank er langsam, zögernd, prüfend. Deshalb kam er auch schneller zum Resultat, als der sich überstürzende Rittmeister.
„Nein," sagte er, weit früher absetzend . . . „das wird nicht gehen ... ich fürchte, daß es uns nicht gut bekommen könnte. ."
„Der Ansicht bin ich auch," bestätigte Strüll- pitz mit tiefem Ernst. . . „was machen wir denn aber dabei? . . . Der Mensch kann doch nicht ohne Nachttrnnk zu Bette gehen. ."
Dem dicken Lieutenant schien die Sache ebenfalls nahe zu gehen . . er setzte das Gefäß aus der Hand und überlegte sich's.
„Wenn wir zur Artillerie hinübergingen," schlug er vor ... „die haben immer eine gute Mischung .. vielleicht stoßen wir gerade auf meinen Freund Schirrmeister . . mit dem trinke ich immer 'nen Tropfen, wenn uns das Schicksal 'mal zusammenführt ..."
Der Alte stand in demselben Moment auf, so war er mit der Idee einverstanden.
„Gehen wir!" sagte er, in dem ihm eigenthüm- lichen, energischen Ton ... „je früher wir kommen, desto mehr wir kriegen."
Padderow folgte dem Beispiel, goß mit dem Ausdruck tiefster Verachtung seinen schwarzen Grog in's Feuer, daß es unwillig anfzischte vor Zorn und Entrüstung, und trat dann in Begleitung des Herrn Chefs die dunkele Wanderung an.
Ueberall brannte kein Feuer, deshalb war's ein übler Weg; bald trat man in ein Loch und bald wieder auf einen schlafenden Soldaten.
„O! . . nehmen Sie's nicht übel," sagte dann jedesmal der Chef, wenn er das unwillige Knurren des Geschädigten vernahm . . . und dann ging
es weiter, bis Beide gleichzeitig gegen etwas sehr hartes stießen.
„Oho!" fing Strüllpitz wieder an ... „ich glaube, das war 'ne Kanone. . das Rad ist mir grade vor den Magen gekommen . ."
Padderow blieb aus Rücksicht so lange stehen, bis der Alte sich wieder verpustet hatte; dann bogen sie in die Gasse, die zwischen den Pferden nnd Geschützen hinlief.
„Na ja! . . Hab' ich's mir doch gleich gedacht!" rief der feiste Offizier, indem er auf ein hellflackerndes Feuer zuschritt.
„Was?" fragte der lakonische Chef.
„Daß er hier irgendwo sitzen würde?"
„Wer?"
„Mein Freund Schirrmeister!"
Im nächsten Moment lagen sie einander in den Armen und freuten sich. — Dazu hatten sie eigentlich auch alle Ursach; denn wo die beiden zusammenkamen, da gab's lustige Zeit . . . Schirrmeister neckte und Padderow wurde geneckt, bis es ihm schließlich zu viel ward und er in Zorn gerieth.
„Nun wollen wir aber gleich eins trinken," sagte Schirrmeister, als sie sich genug geherzt.
„Das dachte ich auch," meinte der dicke Freund; dann stellte er seinen Rittmeister vor und man setzte sich zu den klebrigen an's Feuer.
Der Artillerie-Offizier war lang und dünn, grade das Gegentheil von Padderow . . . wenn der Letztere einem Kreis vergleichbar war, so stellte Schirrmeister eine Linie vor . . ganz mager und dünn, und im bartlosen Gesicht immer ein Zucken von Schadenfreude.
Der Artillerist setzte sich dem Dicken gegenüber, damit er ihn genau heobachten konnte.
„Hempel!" rief er dann.
Der bedienende, stämmige Kanonier entwickelte sich aus dem Nebel.
Schirrmeister nickte mit dem Kopf, woraus Hempel den seinen senkte und der Lieutenant ihm 'was in's Ohr sprach. Der Andere nickte, zum Zeichen, daß er's aufgefaßt, und verschwand.
„Wollt Ihr nicht 'ne Cigarre?" fragte Schirrmeister, dem Freunde seine Tasche präsentirend.
Dieser wählte ein Exemplar und steckte es in den Mund. Der Andere hielt ihm ein Schwefelholz hin, aber so, daß ihm die Augen übergingen und er ganz dunkelblau vor Husten ward.
„Zur Gesundheit!" rief Schirrmeister, ihm freundlich zunickend.
„Ich habe ja gar nicht genies't!" krächzte Padderow, indem er sich ärgerlich die Thränen aus den Augen wischte . . „weshalb hälft Du mir denn den Schwefel unter die Nase?"
„Oh!" bedauerte Schirrmeister . . . „war denn die Flamme noch blau! Da habe ich Euch wohl