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Allgemeine Rundschau.
armes Mädchen in den Straßen umherzog und mir mein armseliges Brod verdiente." „Ist es möglich? O, daun bitte ich Sie, geben Sie mir diese Erinnerung an Ihre Kindheit. Das ist ein Schatz, den die Welt, die Geschichte würdigen wird!" „Eben deshalb behalte ich ihn; er ist mir nicht um 50,000 Fres. feil." „Aber ich muß diese Guitarre haben, koste sie, was sie wolle!" „Sie sind ein Narr, lieber Graf!" „Hören Sie, Rachel, ich gebe Ihnen das Diamantarmband und die Rubinenschnnr, die Sie neulich so sehr bewunderten. Sie können Beides augenblicklich beim Juwelier holen lassen. Sind Sie damit zufrieden?" „Nun denn," antwortete die Rachel mit einem Seufzer, „nehmen Sie die Guitarre." Der Graf war überglücklich und zeigte den Schatz allen feinen Freunden. Unglücklicherweise kam nach einigen Wochen auch Madame S. in sein Haus. Auch ihr ward das werthvolle Andenken gezeigt, und da sie dabei einen Ausruf der Ueberraschung nicht zu unterdrücken vermochte, kam die ganze Geschichte an den Tag. ' sin.
Zu unseren Illustrationen.
Studienkopf, von Franz von Defregger. Die Gegenwart hat nur sehr wenige Künstler aufzuweisen, deren Werke des Volkes Seele mächtiger berühren, als die des trefflichen Tyroler Malers Franz v. Defregger. Wir dürfen daher wohl hoffen, daß der diesem Hefte beigegebene in tadellosem Lichtdruck ausgeführte weibliche Studienkopf des berühmten Meisters unfern verehrten Lesern eine willkommene Gabe ist und die Vorstellung vervollständigen Hilst, die sie sich von dem im vorigen Jahre in sein 51. Lebensjahr eingetretenen, ebenso liebenswürdigen wie tüchtigen Künstler im Stillen vielleicht schon längst entworfen haben werden. Freilich lernt man den die Geschichte seines heldenmüthigen Volks in so überaus packender Lebenswahrheit schildernden Schöpfer der „heimkehrenden Sieger", des „letzten Aufgebots", „Andreas Hofer's Aufenthalt in der Hofburg", „die Schmiede" n. s. w. aus einem einfachen Stndienkopf nicht kennen, aber ebensowenig würde dies der Fall sein, hätte man dabei nur diese Arbeiten im Auge; denn so bewundernswertst uns Franz v. Defregger auch als Geschichtsmaler erscheinen mag: seine weit über die Grenzen Deutschlands hinansgehende Popularität hat er doch ohne alle Frage in der Hauptsache seinen köstlichen Genrebildern: dem „Abschied von der Sennerin", der „Ankunft auf dem Tanzboden", dem „Salontyroler", dem „Liebesbrief", sowie seinem humorvollen „Ball auf der Alm", dem „Besuch bei der jungen Mutter" oder wie sonst seine dem Volksleben abgelauschten, immer den Kern der Sache treffenden köstlichen Darstellungen heißen, zu verdanken, welche wiederum ihre Lebenskraft in den zahllosen Studien haben, die Defregger, wie den obigen schonen Studienkopf, nach der Natur gemalt und in seinen Werken genrebildlicher Richtung entsprechend verwendet hat. 8.
Fantasia. Nach dem Gemälde von Professor I. Brandt.
lieber der Steppe blaut der wolkenlose Himmel. Im Hintergründe ragen die weißen Mauern der Festung empor, vor der in weiter Front die wilden Söhne des Landes auf ihren kleinen, flinken Pferden halten, um ihrem neuen Führer zu zeigen, wie gefährlich ihre, von den Erfindungen der Neuzeit längst überflügelten Waffen noch heute dem Feinde werden können.
Ein Kommandoruf, ein schriller Schrei, und nun lösen sich die Reiter von dem Flügel der starren Front ihrer Genossen. Im rasenden Galopp jagen sie heran, den Bogen über den Kopf werfend, ihn auffangend, um das Spiel von Neuem zu wiederholen, bis sie auf Schußweite an das Ziel, eine hohe Stange, gelangt sind, auf deren Spitze sich ein leinenumwickelter Strohwisch befindet. Im
Nu lassen sie die Zügel dem Klepper auf die struppige Mähne sinken, der Pfeil liegt auf der Sehne, die ihn im nächsten Augenblick emporschnellt nach dem Ziel, in dem er zitternd haften bleibt; ein Jubelruf von den Lippen der Gefährten; stets neue Reiter jagen heran, es ist ein Bild, so wild, so anregend, wie es ein Land der Cultur nicht zu bieten vermag.
Fantasia; wird das Bild stets eine solche bleiben, ein Phantasiegebilde eines genialen Künstlers, oder werden die Länder im Westen noch einmal jene Steppensöhne über ihre gepflegten Felder reiten, die Cultur von Jahrhunderten niedersinken sehen unter den Hufen ihrer Rosse? — Wer weiß es? ist
Schäfers Rast. Nach dem Gemälde von O. Strützel. Ein reizendes, ruhe- und friedeathmendes Bild liegt vor uns, der Wirklichkeit so wahr und treu abgelauscht und mit ihrem vollen Zauber wiedergegeben. Wir vermögen es, uns so recht in die Stimmung desselben hineinzuversetzen; es beschleicht uns das Gefühl, daß es doch etwas Schönes, Wonnevolles ist um die stille Erhabenheit der Natur fern ab von dem lauten Getriebe der Welt, und diese Wirkung offenbart sich uns in der Ruhe des Ge- müthes. Was der Maler beabsichtigt, den still klärenden Zauber der Natur auf das menschliche Innere auszudrücken — er hat es in seinem Bilde voll und ganz erreicht.
v. ?.
Unterricht im Fischen. Nach dem Gemälde von Alf. Guillou. Schau! wie aufmerksam das schöne Fräulein dem alten Fischer zusieht, wie er den Fisch von der Angel löst. Sie möchte das Fischerhnndwerk gern erlernen, wenn auch nur zum Zeitvertreib in der ländlichen Einsamkeit des kleinen Badeortes. Darum ist sie mit hinaus auf das Meer, das so still und glänzend wie eine unendliche weite Silberplatte sich um sie herum ansdehnt. Die Sonne senkt glühend ihre Strahlen herab und die heiße Luft lagert sich dicht und schwer über die ungeheure Fläche, daß selbst die weißen Seemöven nur träge und lautlos dahinflattern, als ob sie heute nicht recht den Zweck ihres Daseins erfüllten. Der alte wettergebräunte Seemann hat seine Netze und Angeln ausgeworfen und nicht lange da zappelt und lebt es daran und mit schmunzelnder Miene holt er den glänzenden, sich windenden Burschen aus der Tiefe herauf und löst mit geschickter Hand die Angel aus seinen Kiemen. — „Aber das Fischen ist eine einfache Geschichte," sagt das superkluge kleine Badefräulein und zupft kokett an den hoben Stulpenhandschuhen, „man wirft seine Angeln aus und Wupps sitzen die Fische daran." — Der Alte lächelt so eigen listig und zwinkert mit den Augen: „Ja, ja! Sie werden es bald verstehen! Aber, wenn der Sturm plötzlich die Fischer überfällt und wie heute Hunderte von Böten sich über die Bucht weit hinausgewagt, dann ist die Heimkehr nicht immer so leicht und," seine Stimme wurde ernst, fast feierlich im Ton, „dann hat mancher lebensfrohe Bursche den Strand nie wieder geschaut. — 's nicht so einfach, das Fischerhandwerk!" — v. Ill
Ein kaiserliches Geschenk. In der dem Hefte beigegebenen Illustration geben wir den Lesern eine Anschauung von dem kostbaren Brustschmuck, welchen Se. Majestät der deutsche Kaiser als ein Zeichen kaiserlicher Hochschätzung und Dankbarkeit mit Rücksicht auf die Entscheidung in der Carolinenangelegenheit Sr. Heiligkeit dem Papste Leo XIII. durch seinen am Vatican beglaubigten außerordentlichen Gesandten vor Kurzem feierlichst überreichen ließ. Im reinsten frühgothischen Stil entworfen und aus feinstem Gold bestehend, enden die Flügel des Kreuzes in der Form des Vierpasses, deren reiche Blattrosetten mit je einem von acht kleineren Brillanten umgebenen großen Brillanten vom reinsten Wasser geschmückt ist, während die von einem gewundenen Blattstab eingefaßten