Heft 
(1.1.2019) 08
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Die böse Bärbel.

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znrücktaumeln. Und als ob die Weiber nur auf solchen Anfang gewartet hätten, drangen sie null voir allen Seiten mnthig gegen die Knechte vor und hiebell und stachen mit einer Todesverachtung drein, die keine von ihnen sich vorher zugetraut hatte, und die mehr rückwärts standen und mit ihren Hand­waffen nicht herankommen konnten, hoben Steine auf und schleuderten sie gegen die Knechte und gegen das geputzte Weib, dessen hämisches Gesicht tvdtbleich geworden war und das nun in feiger Angst und ohnmächtiger Wuth zitterte und bebte.

Es war Wahnsinn, hier aushalten zu wollen uud so peitschte die böse Bärbel ihr Pferd, daß es unter dem Hohngelnchter der Weiber und verfolgt von Steinwnrsen wild mit seiner Reiterin, die krampf­haft sich all seiner Mähne hielt, durch die Gassen jagte, wahrend das Häuflein der Knechte dichtge­schlossen sich mühsame Bahn brach und beschleunigten Fußes daun nach den, Schlosse hinaufhastete, gefolgt voll den erbitterten Weibern, die fast bis all das Thor herankamen und hier ein SiegeSgeschrei an­stimmten, das entsetzlich in die Ohren der Frau Bärbel gellte und Herrn Jakob die Rothe des Un­willens und der Scham in'S Antlitz trieb.

Das war der sogenannte Buchsweiler Wei­berkrieg.

Dieweil sich aber die Frauen so tapfer hielten, waren auch deren Eheherreil thätig gewesen und hat­ten Herril Ludwig von Lichtend erg, den Bruder Herrn Jakobs, von ihrer Roth verständigt und ihn um seinen Beistand und seine Hülse gebeten. Dieser aber war bereit, dem Regiment der bösen Bärbel ein Ende zu machen, zumal er ihrethalben sich mit dem Bruder entzweit hatte, und er sandte eilige Boten all den Markgrafeil von Baden, an den Bi­schof von Metz, sowie an die Bürger der freien Reichsstadt Straßburg und heischte von ihnen in Anbetracht des guten Zweckes schleunigen Zuzug. Wartete selbigen aber nicht ab, sondern brach mit den Bnchsweiler Männern, sowie mit seinen eigenen Knechten, die einige schwere Falkonete und Stein- mörser mit sich führten, gegen das Städtlein auf.

Sie langten daselbst an und Niemand wehrte ihnen den Einzug, denn die tapferen Weiber waren zur Zeit noch Herreil der Stadt und begrüßten mit jubelndem Zuruf die Schaar der Befreier, welche sich denn auch ohne Hemmnis; nach dem Schlosse wendeten.

Herr Jakob hatte nicht im Entferntesten daran gedacht, daß seine Nachgiebigkeit gegen sein böses, schmeichelndes Weib zu sothanem blutigen Ernst führen würde, und war nicht wenig bestürzt, als er das Fähnlein seilles leibeigenen Bruders unter seinen Fenstern erschallte, sowie schon in den nächsten Tagen die Fähnlein der Straßburger uud Metzer

II. 2.

uud entsetzte sich, als er die dunklen Mündungen der Geschütze hernnfdrohen sah.

Hier war an einen Sieg oder an ein glimpf­lich' Entkommen nicht zu denken, mail saß einge- schlosfen, wie die Maus in der Falle und Herr Jakob fing an zu capituliren. Die Belagerer er­klärten, sie wollten ihm durchaus nicht all den Leib, begehrteil aber, daß er Friedeil mache mit seineil Unterthanen und zur Befestigung dessen das böse Weib entlasse, das alles Unheil über das friedliche BnchSweiler gebracht habe; auch solle er schwören, daß sie niemals zurückkehren dürfe. Herr Ludwig gab ihm 24 Stunden Bedenkzeit, nach deren Ver­lauf man mit Gewalt die böse Bärbel aus dem Schlosse holen und sie mitsammt Herrn Jakob als Gefangene behandeln müsse.

Frau Barbara raste anfänglich in blindem Zorne, dann aber weinte sie, wie ein verzärteltes Kind nnd beschwor Herrn Jakob bei allen Heiligen, er möge sie nicht verstoßen, sie könne nicht leben ohne ihn, und dem alteil Manne, der sie so sehr lieb hatte, wollte der Jammer das Herz zerreißen. Er hielt sie fest an seiner Brust, streichelte ihr das dunkle, weiche Haar und die heißen Wangen, küßte den glühenden Mund nnd endlich sprach er ernst:

Es muß sein, Bärbel! Aber sei ruhig, ich Hab' einen Weg gefunden, auf dem wir Beide gehen können und der uns nicht auseinander reißt. Ich Hab' ein stattlich' Haus in der Reichsstadt Hagenau, das schenk ich Dir zum Leibgedinge, dazu ein fürst­lich Jahreseinkommen, nnd Hagenau liegt nicht aus der Welt, so daß ich jede Woche Dich sehen und bei Dir sein kann."

Da lächelte sie unter Thränen zu ihm ans lind küßte ihn und war's zufrieden. Am folgenden Morgen zog sie aus Bnchsweiler fort, umgebeil voll berittenen Knechten und Pagen, äußerlich prunkend wie eine Fürstin, innerlich ein erbittertes, gede- müthigtes Weib. Die Schaar der Belagerer bil­dete eine breite Gasse, aber Keiner rührte die Hand, um sie zu grüßen. Es war ein peinlicher, stiller Ritt zwischen höhnischen Augen und trotzigeil Män- nergesichtern, er wurde aber zur höchsten Strafe, als der Reiterzng auch die Schaaren der Bnchs­weiler Weiber passiren mußte, die spottend der nun selbst Ansgewiesencn ihren Abschiedsgruß nachriefen. In derselbigen Nacht aber, als Frau Barbara in Hagenau in ihrem neuen Hanse eingezogen war, brach in der Stadt ein Feiler aus nnd legte drei Häuser in Asche. Ihr Eingang war nicht gesegnet, ihr Ausgang sollte es gleicherinaaßen nicht sein.

5.

Seitdem vergingen achtzehn Jahre und die böse Bärbel hatte sich auch in Hagenau keine Freunde

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