Heft 
(1.1.2019) 08
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Anton Ghorn.

gemacht während dieser Zeit. Die Frauen haßten sie um ihres Hochmuths willen und wegen der Kleiderpracht, durch welche sie auch die reichen erb- gesessenen Patrizierfraueu zu überbieten suchte und die Männer, als stolze, reichsfreie Bürger hohn- lächelten über die Gräfin, dieauf bäuerlichem Miste" herangeblüht war.

Da starb im Jahre des Herrn 1480 Jakob von Lichtenberg, der ihr seine Liebe bewahrt und be­wiesen hatte bis an sein selig Ende und damit ver­lor die böse Bärbel allen Schutz und die einzige Stütze, welche sie besessen, aber ihre Hoffart blieb dieselbe.

In dem gleichen Jahre aber, in welchem Herr Jakob zu seinen Vätern versammelt ward, ver­mählte Frau Kunigunde Bokelmaun ihr bildhübsches Töchterchen, das ihr der Himmel ein Jahr nach dem Bnchsweiler Weiberkrieg geschenkt hatte, an den angesehenen Goldschmied Herrn Haslacher in Hagenau und die Hochzeit sollte mit Prunk und Lust gefeiert werden.

Es war ein sonnengoldiger Herbsttag, als der Hochzeitszug aus dem Hause Herrn Haslachers trat, denn die Hochzeit sollte aus verschiedenen Gründen in Hagenau gefeiert werden, wo die Braut zum Besuche bei einer Base väterlicherseits einige Wochen gewohnt und auch ihren Herzliebsten kennen ge­lernt hatte.

Der Morgen war so schön, wie ihn eine Braut nur wünschen mag und die Kirchenglocken riefen so feierlich und friedlich über die Stadt hin und viele Leute waren zusammengelanfen, um das hübsche junge Paar zu sehen. Jedermann schien an dem­selben seine Freude zu haben, denn der junge Meister war beliebt und geachtet in Hagenau und das junge Bräutchen blühte wie ein just ausgebro­chenes Röslein, am glücklichsten aber war wohl Frau Kunigunde Bokelmann, die gleich hinter dem Bräutigam ehrsam und mütterlichstolz neben ihrem ergrauten, aber noch immer stattlichen Eheherrn ein­herschritt. Ihre munteren Angen schienen ringsum zu fragen:Wem ist wohl in ganz Hagenau heute so fröhlich zu Mnthe wie mir?"

Da kam dem Hvchzeitsznge eine Reiterin ent­gegen, gefolgt von einem Diener in gräflich Lichten- bergschen Farben. Sie trug ein dunkles Trnuer- gewand, aber das Antlitz sah hoffärtig und trntzig drein. Das war die böse Bärbel, und wie Frau Kunigunde sie erkannte, ivar's ihr, als ob ein Schatten in den sonnigen Tag fiele und als ob all' ihr Glück und ihre Seligkeit zu Jammer wer­den müßte.

Frau Barbara hielt ihr falbes Roß an, um den Zug au sich vorübergehen zu lassen. Dabei traf ihr Blick die stattliche Brautmutter und ihre Augen schauten anfangs wie befremdet, dann aber

mit heißem, gehässigen Aufzinken nach der einstigen Jngendgefährtin. In demselben Augenblicke erhob auch die junge Braut ihr Antlitz zu ihr, fing den Blick auf, welcher der Mutter galt und es erfaßte sie ein Grauen, so daß ein Schalter durch ihren Körper lies und sie all der Hand ihres Bräutigams zitterte. Verwundert fragte derselbe, ob sie krank sei, sie aber schaute ihn mit glücklichem Lächeln an und schüttelte den Kopf.

Und es schien wahrhaftig als ob der böse Blick seine Wirkung gethan, denn ehe noch Herr Haslacher sein junges Weib ins Brantgemach geführt, ward dieses vom Herzschlag getroffen und starb in seinem und ihrer Eltern Armeil. Und in derselben Nacht tobte ein Sturm über Hagenau, desgleicheil alte Leute sich nicht entsailnen, in den Lüften brüllte es wie voll unheimlichen, wilden Gewalteil, flammende Blitze loderten um die Thürine, so daß deren Wächter zitterten und beteten und in der ganzen guten Reichsstadt schlief kein Mensch, als nur Herrn Haslachers jungfräulich Eh'gemahl, das in seinem ewigeil Traum so selig und friedlich lächelte.

In jener furchtbaren Nacht aber ward Frau Kunigunde eines gewiß: daß die Bärbel eine Hexe sein müsse, die durch Teufelskunst ihr das Kind gemordet habe und sie erzählte das ihrem Manne und ihrem Eidam und beide stimmten ihr zu. An Hexen glaubte man ja allenthalben in jenen Tagen und der wahnsinnige Aberglaube der Menge konnte durch unglückselige Zufälle leicht zu entsetzlicher That gestachelt werden.

Das Wort, welches Frau Kunigunde zuerst alls­gesprochen, lies am andern Morgen, als die Leute mit bleichen, überwachten Gesichtern in den Gassen standen und die Schrecknisse der Nacht noch einmal ill übertriebenen Schilderungen durchlebten, mit un­heimlicher Schnelle von Mund zu Munde. Zu­gleich entsann man sich, wie vor 18 Jahren, in selber Nacht, als die böse Bärbel einzog, ein Brand ansgebrochen sei, inan klügelte heraus, daß sie an dem und jenem Hanse vorübergegangen und daß Nachts darauf in demselben Jemand gestorben sei, ja selbst der Umstand, daß Herr Jakob sie zu seiner Gattin gemacht, ward daraus erklärt, daß sie mit Tenfelsküllsteil den Sinn des edlen Herrn verführt, auch nachmals sein Gemüth verhärtet hätte gegen seine Unterthanen.

Es brauchte in jener rauhen, finstern Zeit nicht erst einer solchen Reihe beschwerender Jndieia, um vor das Malesizgericht geschleppt zu werden und man brauchte dazu auch nicht einmal so verhaßt zu sein, wie es Frau Barbara in Hagenau war. Darum ward sie ans ihrem prächtigen Hause ge­holt und auf Befehl eines hochmögenden Rathes zunächst in den sogenannten Hexenthurm gebracht