Gefunden am Wk.
Eine Erzählung von Banns von Sprelberg.
I.
Mtch sasi lcnter den prächtigen Palmen im Garten des Hotel dir Nil zu Kairo, schlürfte meinen Kaffee und sann auf einen pikanten, originellen Schluß für meinen Bericht, der noch heute abgehen mußte, wenn er den Dampfer in Alexandrien rechtzeitig erreichen sollte — es mußte etwas wirklich Packendes sein, das den etwas dürftigen, bisher gesammelten Notizen ein fulminantes Relief gab und den Lesern zugleich die Ueberzengnng einflößte: Was wird uns dieser seltene Mann, diese Perle unter allen Zeitnngscorrespondenten erst schreiben, »venu er wirklich an Ort und Stelle ist und mitten im Kampsgetümmel, rechts eine platzende Granate, Nor sich den Mahdi höchstselbst mit gezücktem Schwert, sein Taschenbuch herauszieht und mit klassischer Ruhe etwa notirt: „8 Uhr 35 Minuten, das Gefecht hat seinen Höhepunkt erreicht, General Wolseleh drückte mir soeben 'die Hand und sagte, daß Alles gut ginge n. s. w." Aber Pardon! ich bemerke soeben, daß ich ganz übersehen habe, den Leser mit meiner Person und meinen Aufgaben bekannt zu machen: Ich stelle mich also pflichtschuldigst als Kriegsberichterstatter der -Zeitung, der Name thut nichts zur Sache, vor. Meine Redaetion oder richtiger der Herr Verleger unseres Journals hatte noch in letzter Stunde die Nothwendigkeit empfunden, einen Speeialcorrespondeuten nach dem Süden zu entsenden, in letzter Stunde sage ich, denn leider war über dem Hin- und Herüberlegen, ob sich II. 2.
die Sache lohne, so viel Zeit verstrichen, daß, als ich in Alexandrien ans Land stieg, die erste Nachricht, die ich empfing, die Knude vom Fall Khartums, vom Tode des braven Gordon war. In Kairo brauchte ich trotz meiner außerordentlich guten Empfehlungen immerhin einige Tage, um die Er- lanbniß, nach dem Kriegsschauplatz abgehen zu dürfen, für mich zu erwirken und ich hatte mich daher bis jetzt darauf beschränken müssen, sogenannte „Reisebriese", wie die Technik der Redaetionen sie nennt, zu schreiben, d. h. mit anderen Worten an Stelle von wirklich Gesehenem und Erlebtem allgemeine „ans der Reise" gesammelte Eindrücke in ein kleidsames Gewand zu hüllen. Es ist das, unter uns gesagt, für einen ehrgeizigeil Berichterstatter eine abscheuliche Situation, denn er weiß ganz genau, wie der Chesredaeteur schimpft: „Was trödelt Herr N. denn immer noch in Kairo herum, dazu brauchen wir doch wahrhaftig keinen Speeialberichterstatter, den Salm können wir uns aus der Times selbst zusammenbrauen" (mit der Scheere nämlich) und wie vor Allem der Verleger sich verzweifelt die letzten Haare ausranft: „Mein Geld, mein schönes Geld!" hört man ihn ordentlich rufen. Was Wunder, daß ich so krampfhaft nach einem pikanten Schluß meines Briefes suchte, es war ja endlich der letzte seiner Gattung, denn morgen, morgen schon lag Kairo hinter mir. Befand ich mich aber erst wirklich auf der Tour nach dem Kriegsschauplatz, dann fehlte auch der originelle Stoff nicht: Schlimmsten Falls begegnet man
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