Heft 
(1.1.2019) 09
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Allgemeine Rundschau.

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und Oele am Platze. So reiben sich die südlichen Völker mit Oelen ein, um die Haut geschmeidiger zu machen und vor der zu starken Einwirkung der Sonnenstrahlen zu schützen. Die Völker des Nordens dagegen reiben sich mit Speck und Thran ein und schassen sich dadurch einen ge­wissen Schutz gegen die Einwirkung der Kälte.

Neben der Reinlichkeit ist die Lebensweise für die Pflege der Haut von weittragender Bedeutung. Bekannt ist es ja, wie sehr die Zartheit der Haut, der Teint, in denjenigen Gesellschaftsklassen erhöht ist, welche sich allen unangenehmen Eindrücken von außen entziehen können. Eine Dame, welche ihre Haut niemals einem kalten, rauhen Winde auszusetzen braucht, kann sich viel leichter einen zarten Teint bewahren, als diejenige, welche auf ihre Haut die Schwankungen der Hitze und Kälte einwirken läßt. Das Resultat solcher Einwirkungen ist mit der Zeit immer eine Röthung der Haut, welche, so sehr sie ein Zeichen von kräftiger Gesundheit sein mag, doch von den Damen, welche einen schönen Teint zu besitzen wünschen, auf's Höchste gefürchtet wird. Schroffe Temperaturwechsel be­günstigen die Entwickelung der Hautröthe, während eine gleichmäßige, besonders mittelwarme Temperatur Blässe erhält. Von großer Bedeutung für die Pflege der Haut ist die Kleidung. Dieselbe hat zunächst den Zweck, die Abkühlung des Körpers zu verringern; sie ist also theils einSparmittel", weil sie einen Theil der Speisen, der zur Wärmebildung verwendet werden müßte, in unserem Stoffwechsel anderweitig zu Verwertheu gestattet und den Verbrauch an Speise verringert; theils ist sie ein Schutz­mittel gegen die Unbilden des Wetters und bewahrt uns dadurch vor Erkältung. Unter gewöhnlichen Verhältnissen wählen wir unsere Bekleidung aus Leinen, Baumwolle, Seide oder Wolle, Leinen ist der beste, Wolle der schlech­teste Wärmeleiter. Auch die Farbe der Kleidung ist nicht gleichgültig; wir wissen, daß die schwarzgefärbten Stoffe die größte Leitungsfähigkeit besitzen, dann folgen grün, roth und endlich weiß. Die Wollkleidung wird also am besten schnelle Schwankungen in der Temperatur der Ober­fläche der Haut verhüten. Will mau die Wasserabgabe von der Haut begünstigen, so scheint dafür die Wolle am passendsten, weil sie am meisten Flüssigkeit aufnehmen kann, weniger kann dies Leinwand und noch weniger Baumwolle. Andererseits giebt Wolle am langsamsten ihr Wasser ab, dann folgt Leinwand und am schnellsten Baum­wolle. So kommt es, daß der Wärmeverlnst für den mit Baumwolle bekleideten Menschen der größte ist, für den mit Wolle bekleideten dagegen an: geringsten. Da die Wolle auch, wie wir oben gesehen, die Verluste durch Lei­tung am besten herabsetzt, so ergiebt sich hieraus die Ueber- legeuheit dieses Stoffes über alle anderen, sobald es sich darum handelt, den Körper vor den Schwankungen der Temperatur sicher zu stellen.

Zu unseren Illustrationen.

Ludwig II., König von Bayern, geb. 25 . August 1845 , gest. 14 . Juni 1886 (siehe Artikel).

Durchfahrt des Königs Ludwig II. durch den Hofgarten. Originalzeichnung von P. F. Messerschmidt (siehe Artikel).

Krabbenfänger an der Nordsee. Nach dem Ge­mälde von I. Bodenstein. Die Fluth ist zurückgetreten. Wo eben noch die Wogen ihr lustiges Spiel getrieben, leuchtet jetzt der schmutziggelbe Sand zwischen glitzernden Wasserlachen hervor. In der weiten Meeresbucht ruhen die Fischerboote. Bewegungslos liegen sie da, den Rumpf, die schlanken Maste und schwankenden Taue in der glatten Fläche spiegelnd, auf der sie zu schweben scheinen; es ist, als sammelten sie Kräfte zum neuen Tagewerk, zum Kampf mit Wind und Wogen. Bon ihrer Bemannung

sind sie verlassen. Wenn die Ebbe eingetreten ist, gilt es, die Schätze, welche das Meer zurückgelassen, zu bergen. Alt und Jung, Männer, Frauen und Kinder waten knie­tief im schlammigen Sand und Wasser, um mit Körben und Netzen auf jene kleinen Schalthiere, die Krabben, zu fahnden, von denen die Fluthwellen Unmengen an den Strand werfen. Abgesehen davon, daß die Krabbe dem Menschen eine wohlschmeckende Speise bietet, bildet sie den Lieblingsköder mehrerer Fischgattimgen, vor Allem der viel und mit Recht geschätzten Flunder, überhaupt all der verschiedenen Arten der Butten und Schollen.

Jene Angeln, welche von den langen, weit in's Meer hinaus gezogenen und dort verankerten Leinen herabhän­gen, sind meist mit Krabben geködert; die Fische sind eben auch Feinschmecker.

Es ist ein buntes, bewegtes Bild, welches uns der Künstler in seinem Gemälde bietet. Der glitzernde Strand, dahinter die grünlich schimmernde See, auf deren Rücken die Boote ruhen, im Vordergrund die Gruppen der Fischer und Fischerinnen, emsig mit ihrem Tagewerk beschäftigt, und das Alles in das sonnige Licht des mattblauen nor­dischen Himmels getaucht, welcher sich weit draußen im Hintergrund mit dem Meere vermählt. Alles athmet Ruhe, Zufriedenheit, Schaffensfreudigkeit; in der kleinen Welt vor uns, wie sie uns Bodenstein geschaffen, waltet Frieden und Harmonie. > I?.

Misrrllen.

* Der Pastor Baumgarten in Halle war bei dem Könige Friedrich Wilhelm I. als ein recht ausbündiger Socinianer verklagt worden, welcher öffentlich sich gerühmt, daß er es mit Wittenberg und Rom zugleich aufnehme. Der König, dem die Socinianer Teufelsanbeter und Atheisten waren und der gar nicht anders vermuthete, als daß ein Mann von so starkem Geiste und so kriegerischer Gesinnung gewiß ein vortrefflicher Flügelmann für die Riesengarde sein müsse, befahl, mit umgehender Post den Pastor Baumgarten nach Potsdam zu schicken. Dieser, ein kleines Männchen von kränklichem Aussehen und ver­legenem Wesen, wußte sich in die ihm wiederfahrene hohe Ehre gar nicht zu finden und stotterte auf die Fragen des Königs einige unverständliche Worte zitternd hervor. Der König aber, unwillig, sich so in seinen Erwartungen ge­täuscht zu sehen, rief ihm entrüstet zu:Schäm' Er sich was, so ein lütten (kleiner) Kerl und will ein Atheiste, ein Socinianer sein! Pack' er sich auf der Stelle wieder nach Hause!" Baumgartensuhr, ebenso verblüfft, als er gekommen, wieder nach Halle, wo er erst später erfuhr, was die Veranlassung zu seiner Berufung nach Potsdam gewesen war.

* In einem Salon des Faubvurg St. Germain stritten in der Gesellschaft zwei Parteien, ob der heilige Denisius sein bekanntes und berühmtes Wunder, mit dem Kopfe unter dem Arme spazieren zu gehen, nur eine kurze Strecke, oder, wie die Ueberlieferung will, bis zu der nach ihm benannten Kirche fortgesetzt habe. Der Streit wurde hitzig; jede Partei verfocht ihre Ansicht mit historischen und urkundlichen Gründen. Die witzige, freidenkende Dame des Hauses hörte schweigend zu; endlich rief sie dazwischen: Meine Herren, in diesem Falle, glaube ich, heißt es: 6a n'oost gn6 Io proinior M8, gui oorto". Das Gespräch stockte, der Streit war zu Ende.

* Zur Zeit des großen Kurfürsten war am Berliner Hofe ein ungeschickter französischer Gesandter, Namens Verjus, dessen Unterhandlungen bald allgemein in Verruf kamen. Der gelehrte Buttmann meint, daß der mir dieselbe Zeit in die deutsche Studentensprache aufgenommene Ausdruck:einen in Verjus erklären", von diesem Fran­zosen herstamme.