Heft 
(1.1.2019) 10
Seite
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Allgemeine Rundschau.

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Als Werba nach Budapest Heimkain, fragte ihn sein guter Freund, der Honvad.

Die Gräfin Jlka hat schon zehnmal nach Dir ge­fragt. Du mußt uns Alles erzählen. Hast Du ein Abenteuer gefunden, Bruder?"

Nein," sagte Werba kurz.Es war die langweiligste Fahrt in meinem Leben. Ich reise niemals inehr als Bethnr. Die Tracht ist verwünscht heiß."

Der Spion. Nach dem Gemälde von Max Gaißer. Photographie-Verlag der Photographischen Union in Mün­chen. In finsterer, grauser Schneenacht hatte man ihm Einlaß gewährt, als er jammernd am Burgthvre mir Hülfe flehte: inan möge ihm um Gottes Gnade willen öffnen, er sei ein Diener des Herrn, ein sterbender Mann. Die Zugbrücke fiel, und vor dein Schloßhanptmann stand, vom Licht der Fackeln beleuchtet, ein Greis im härenen Gewand, einen Strick um den Leib, das von weißem Bart umrahmte Gesicht beschattet von der niederhüngenden Ka- putze. Der Befehlshaber der Burg hatte Mitleid mit den: Alten, er wies ihm die Behausung des Thürmers an, welcher neuerdings einer Falconetkugel zum Opfer gefallen war, als er Ausguck nach dem Feinde hielt, dessen Hansen den festen Platz fest umschlossen hielten.

Es war im dreißigjährigen Krieg. Die Besatzung bestand ans Kaiserlichen, der Schwede lag vor der Burg. Aber auch ihm, dem Bewohner des Nordens, ward der Winter mit seinem Schnee und Eis zu hart; er zog seine Schaaren nach den umliegenden Dörfern zurück, deren Hütten er gegen seine sonstige Gewohnheit stehen gelassen hatte, damit er nicht ganz des Obdachs in der harten Jahreszeit entbehre. In dieser Zeit war es, wo der Alte in Gnaden ausgenommen ward: erzählte er doch, wie grau­sam er als Priester der katholischen Kirche von den Schwe­den behandelt, die ihm ihr bekanntes Tränklein verabfolgt und ihn danach für tvdt in der Haide liegen gelassen hat­ten, ein Fraß für Wölfe und Geier. Und die wüsten, zenvetterten Kriegsgesellen ballten dräuend die Faust ob der Beschimpfung^ die einem Diener des Herrn widerfahren und danach --- beichteten sie ihm ihre Sünden, weil sie alle manch artig Stücklein auf ihrem Kerbholz trugen, von dem sie hofften, daß es nunmehr Gnade vor dem Auge des höchsten Richters finden werde; wußten sie doch, daß der Tod ihnen sicher, wenn der Schwede erst die festen Mauern gebrochen.

Und die Zeit mußte bald erfüllt sein, da das geschah. War auch das Fußvolk nach den Dörfern zurückgezogen, so blieben die Stückknechte doch in den Batterien und ließen nicht nach so Tag wie Nacht zum Unwetter in der Natur den Baß zu blasen. Bum bum! Und die viel Fuß dicken Mauern bröckelten und barsten und stürzten endlich zusammen, den tiefen Graben fast zum Rande füllend. Am Abend wür's, da das geschah. Hätte der Schwede gewußt, wie es um die Feste stand, so war es schon jetzt um sie geschehen; aber der Himmel war den Kaiserlichen gnädig, er senkte die Schatten des Abends rechtzeitig hernieder und hüllte Mauer und Thurm dareit'., daß der Feind seinen Erfolg nicht ahnte.

Die Bresche mußte ausgefüllt, der Graben sturmfrei geinacht werden. Alle Mann waren bei der Arbeit; kein Commandowvrt, kein Ruf, kein Laut, nur das dumpfe Schlagen der Hacken und Schaufeln, das Fallet! der Steine und Mauerreste tönte durch die stille, eisig kalte Nacht. Da was war das? Aller Augen wandten sich empor, nach dem Thurm, nach dem Ausguck des Thürmers, wo jetzt der alte Mönch hauste: der Schein eines Lichts strahlte von dorther hell in das Dunkel, er mußte weit­hin, bis zu den Batterien der Schweden sichtbar sein. Verrath! Durch Aller Hirn zuckte ein Gedanke, über Aller Lippen tönte das eine Wort. Und dann stob die

Schaar auseinander, Jeder auf seinen Posten, und als die Schweden wenige Minuten nachher die Bresche erstei­gen wollten, da brüllten ihnen die Feuerschlünde entgegen, daß sie mit blutigen Köpfen wieder heimziehen mußten, woher sie gekommen.

Die augenblickliche Gefahx war beseitigt, die Zerstö­rungen, welche die feindlichen Kugeln angerichtet, vorder­hand wieder ansgebessert. In dem Hintergründe des kugel­sichern Kellers zechen die Kriegsknechte und feiern den eben erfochtenen Sieg beim Wein, mit dem sie ob ihrer Tapferkeit belohnt worden. Im Vordergrund um den eichenen Tisch sitzen die Offiziere, an ihrer Spitze der Schloßhauptmann. Und vor ihm kniet der Greis im härenen Gewand, dem er einst aus Mitleid das Thor der Burg geöffnet. Es ist der Spion, der Verräther. Wie das Licht vorn Thurm herniederleuchtete, sind der Fähnrich und ein Hellebardier die Ersten oben gewesen, die verrätherische Leuchte zu verlöschen; bei ihr fanden sie den Mann Gottes.

Und der Hauptmann blickt spöttisch lächelnd auf den alten Sünder nieder, und die alten Kriegsleute um ihu thun desgleicheu.

Heut beichte Du, wie wir es Dir sonst gethan! Deine Absolution ist der Strang. In meiner Hand hier ruht der Spruch des Kriegsgerichts; Du bist ein todter Mann." 4L

Eine Liebesgeschichte. Nach dem Gemälde von Carl Boß. Es ist so heimlich und traut in dem einfachen schlichten Heim, denn auf die beiden Leutchen darin fällt nicht allein der kecke Sonnenschein durch die vielen kleinen Butzenscheiben, nein er lebt und webt auch iu Beider Herzen den Glorienschein der Liebe und das giebt eine schöne Harmonie der Stimmungen und der Seelen. So eben hat Ihnen der Kaffee recht gemundet und er sich seine Thonpfeife angesteckt. Beim Rauchen kommen aber rasch die lieben losen Gedanken, zumal in der Nähe solch' eines reizenden kleinen Frauchen, die sich in naiver Harm­losigkeit gemüthlich auf den Kaffeetisch gesetzt und zu dem großen Folianten hinüberlugend auch jedes Wort aufzu­fangen, das er ihr verliest. Es fesselt sie die kleine Ge­schichte ist es doch eine Liebesgeschichte und ach von Liebe, die so reich ihr eigenes Herz erfüllt, hört sie so gern etwas, da läßt es sich dann so hübsch hinein denken, alles mit erleben und Scene für Scene Prägt sich ihr lebhaft ein. -- Und Er. er liest zwar emsig fort, aber sollte er nicht heimlich nach dem lieben Weibchen blicken, um still in ihren Zügen die Glückseligkeit der eigenen Liebe zu lesen? Gewiß er wird es sicher gethan haben, und dann zum Schluß hat er den alten Folianten zu­sammengeklappt und gesagt: Ja, schön war's, aber Herz- Weiberl die Wirklichkeit ist mir lieber, und ein langer Kuß besiegelte die Liebesgeschichte. v. U.

Misrellen.

Merkwürdige Art einen Verstorbenen zu ehren. Von der nordhollündischen, an der Zuyder See gelegenen Ortschaft Enkhuhzen, welche einst in ihrer Blüthe- zeit als Hauptsitz der Häringsfischerei 40,000 Einwohner zählte, meldet ein alter Bericht:Allhier ist Wilhelm Böckel begraben, der das Heering-Saltzen erfunden, wel­chen der berühmte Römische Kaiser Carol V samt seiner Schwester Maria, Königin in Ungarn, persönlich besuchet, ihm vor seine Erfindung gedancket, und wie etliche wollen, später einen gesaltzenen Hering auf seine»' Grabe gegessen; Massen dieser Kassier ein sonderlicher Liebhaber des Herings soll gewesen sehn." -4. 6-