Heft 
(1.1.2019) 10
Seite
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Allgemeine Rundschau.

Unter einem anderen Namen, wie ein bourbonischer Prinz?"

Nicht doch. Ich bleibe Werba Sändor mehr als je. Aber ich werde mich in das Cvstüm der Bethüren werfen. Gräfin Hoher behauptete neulich auf dem Costüinfeste, es lasse mir ganz gut. -- Nun denn. Als echter Sohn des Landes, als Gefährte, als Gleichgestellter all der rauhen Kerle, dort und all der hübschen Dirnen wäre es doch verwünscht, wenn sich die lustige Frau Aveutiüre nicht finden ließe von mir!"

Nimm Dich in Acht, Frau Aveutiüre ist auch ge­fährlich, Bruderherz!"

»4'unt miaux!« lachte Werba mit seinen schneeblitzeu- den Zähnen und seine dunkeln Augen blitzten. »4a Iss uimg avant toutas untres, los liuisons clunA-erenses!«

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Heisa, wie laut ging es zu dort im Schankzimmc" der einsamen Szünda auf der Pußta, während der end­lose Regen draußen herniederplätschert.

Da sitzen sie, die reichen Schweineheerden-Besitzer, die Magnaten des Borstenviehes, die Millionäre in Speck, die das ganze Esterhäzypalais auskaufen konnten, und deren Anzug doch so abgeschabt und schäbig und plump ist, wie der der armen Betyüren und Szügöny-Lagüny's am andern Tische.

Und wer's amreichen" Tische am Höchsten gab? Natürlich dersilberne" Toska und sein Vater, der alte Moszory. War doch der Moszöry reich wie ein Fürst, und der silberne Toska hatte keinen Knopf an sich, wel­cher nicht wirklich von Silber war. Und es war also kein Wunder, wenn Toska der hochmüthig-verwöhnteste Bursche von der Welt war und meinte, alle Mädchen müßten ihm zu Willen sein.

An der schwarzäugigen Rosa, der Tochter des Wir- thes hatte er schon gar nie gezweifelt. Schon deshalb, weil sie das einzige Mädel war, das auch er lieb hatte.

Aber es war merkwürdig. Der fremde Betyar, der am Tische der Armen saß (er hatte sich, als der Regen ihn Hereintrieb, eben an den ersten, besten Platz gesetzt), hatte wie ein Zauber auf die schwarze Rosa gewirkt. Sie stand neben ihn: und lachte mit allen ihren Zähnen, und der Fremde lachte mit allen seinen Zähnen, und seine blitzenden Augen ruhten auf ihren blitzenden Augen, und diese beiden schönen Menschenkinder schienen einig zu sein; daß sie zu einander gehörten.

Und wie die Rosa um neuen Rvthweiu hinausging, da schlich ihr der silberne Toska nach und faßte sie draußen so heftig am Arm, daß seine Finger weiß in der goldigen Haut zurückblieben.Was hast Dil mit dem fremden Kerl?" fragte der silberne Toska das Mädel. Sie schaute ihn trotzig an heute zum erstenmal im Leben, und er fühlte, daß er ihr Herz verloren hatte -- an ihn, un­wiederbringlich. Das brachte ihn in Wuth.Willst Du reden?" knirschte er.

Nein," sagte sie wild.Was geht's Dich an? Bin ich etwa Deine Geliebte, silber Toska? Ich habe Dir keine Rechenschaft zu geben. Und wenn Du mich fragst, ob ich Dich mag, so sage ich Nein! Und wenn Du mich fragst, ob mir der Fremde gefällt, so sage ich Ja! Und wenn Dich das ärgert, dann mach's mit ihm aus aber ich möchte Dir's nicht rathen! Denn der Fremde hat Glie­der wie ein Riese! Und Dil hast nicht allzuviel Courage!" Sie lachte.

Toska warf ihr einen höhnischen Blick zu.Meinst Du? Aber vor dem fürchte ich mich nicht! Denn das ist ein Stadtherr!"

Rosa schaute ihn erschreckt an. Dann warf sie das Haupt zurückDu bist ein Narr," sagte sie.Sieht er aus, wie ein Stadtherr?"

Oh," höhnte Toska,er ist freilich ganz so ange­zogen, wie ein Betyur aber, ha, ha, Du hast wohl nur auf sein schönes Gesicht geschaut! Er hat feine gol­dene Manschettenknvpse unter dem Betyürenhemde, und als er eintrat, schaute er auf eine kleine goldene Uhr, die er freilich gleich wieder versteckte. Ein vornehmer Stadt Herr ist's, sage ich Dir und an den traue ich mich schon, denn das sind zimperliche Kerle und feige Memmen! Und der hat sich nur verkleidet, um ein paar dumme Mädel hinter's Licht zu führen aber das soll ihm übel bekommeil!"

Rosa war sehr bleich geworden - so bleich, als ihr braunes Gesicht werden konnte. Und wie Toska in die Stube zurückging, folgte sie ihn: mit einem düstcrn Aus­druck in den dunkeln Augen!Einen Spaß treiben wollte er nur. . . und ein Stadtherr ist er," keuchte sie, und drückte die Hand auf die Brust.

Und drinnen ließ sich Toska wieder amHonvratio nentische" nieder und schüttete Wein und Schnaps in die Kehle, und fing an laut zu lachen und den Fremden am andern Tische höhnisch anzustarren, und erzählte nach ihm hin vonfeinen Stadtherren, die sich als Betharen ver­kleideten und auf's Land gingen, um brave Mädel zum Narren zu haben und . . ."

Plötzlich schwieg er verwirrt. Denn der fremde Bellst,r war aufgesprungen, stand hinter seinem Stuhle, zeigte dem silbernen Toska herausfordernd die Fäuste und rief mit donnernder Stimme:Meinst Du mich?!"

Toska stotterte verwirrt ein paar entschuldigende Worte, schielte ängstlich auf die wuchtigen Glieder des Fremdeil und wollte sich ducken. Aber während die klebrigen hetz­ten, lachten, flüsterten, zur Versöhnung riefen, schimpften oder höhnten, hatte der Fremde den silbernen Toska be­reits am Kragen ergriffen und in die Mitte des Zimmers gezogen, und fiel dort über ihn her.

Bald darauf hinkte der silberne Toska voll Beulen aus der Kartschma, geführt von seinem lamentireiiden Vater. Der echte Muth und die Kraft flößeil stets Liebe und Bewunderung ein, und die rohen Leute alle in der Stube riefen dem Sieger ein Eljön zu.

Werba aber grüßte Alle, trank seineil Wein ans und ging fort - der Regen hatte einem tiefgoldigen Abend­glanze Platz gemacht. Die Pußta lag da wie ein Meer von Blut.

Draußen stand Rosa. Werba lächelte sie au mit allen seinen Zähnen und reichte ihr die Hand. Sie gab ihm aber nur widerstrebend die Ihrige. Und sie lächelte nicht mehr.

Nun, Rosa? Bist Du böse auf mich?" sagte er herzlich.

Sie schüttelte traurig das Haupt.Nein," sagte sie.

Ich gehe fort. Willst Du mir zum Abschied nicht den Kuß geben, den Du mir da drin versprochen hast?"

Sie schaute ihn an. Mit einem so unbeschreiblichen Blicke, in dem ein so tiefer Vorwurf lag, und - noch Etwas.

Ihr seid ein vornehmer Herr," sagte sie. Sonst sagte sie nichts. Aber ihre Augen füllten sich mit Thränen.

Er wußte Alles. Er wußte, daß sie ihn liebe.

Und wie eine tiefe Rene und wie ein tiefes Mitleid zog es in sein Herz um das arme Mädchen. Er hätte sie auf die vollen Lippen küssen können, sie hätt's wohl nimmer gewehrt. Aber er neigte sich nur über ihre schöne braune Stirn und hauchte einen Kuß auf dieselbe so leicht und keusch, wie die Berührung eines Vogelfittigs.

Leb' wohl," sagte er leise und ging.

Sie schnitte ihm nach, bis er nur noch ein ganz klei­ner Punkt war auf der unermeßlichen Pußta, die jetzt so lieblich leuchtete, wie ein Meer von Rosen.

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