Allgemeine Rundschau.
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Monsieur le Bonsbour, denn er hielt streng auf sein Renommee als Barbier und Haarkünstler. x.—
Schiffbruch, Originalzeichnung von Th. Weber. Weit von Indiens Küste herkommend nähert sich der schmucke Dreinraster wieder dem heimatlichen Strande. Stolz blähen sich die Segel im Winde und wie ein weiß- gefiederter Schwan durchschneidet er die glitzernden, schäumenden Wogen. — Rasch verfinstert sich der Himmel, die Wolken ballen sich im Fluge unheimlich düster, fast schwarz zusammen. Holla, Jean Mat! Der Sturm kommt heran! Wehr' Dich! — Der Seemann kennt die Sturmeszeichen, wie das Kind sein Wiegenlied. Die Segel refft! ruft ihm der kreischende angstvolle Ton der Moven zu, die in jäher Hast das wackere Schiff umkreisen. Steuer Backbord! heult der erste Stnrmesstvß und mit blitzartiger Geschwindigkeit arbeitet die tapfere Mannschaft. Doch, was ist des Menschen Kraft gegen die Gewalt der Elemente. — Es braust
heran wie das wilde Heer, dumpf grollend heben sich haushoch die Wogen und weithin über das Deck spritzt der schaumige, flockige Gischt. Ein dumpfer Knall, ein gellendes Pfeifen und Zischen und die Segel schlagen in Stücke
zerfetzt um den Großmast. Auf brüllt das Meer wie ein
wüthender Leviathan, — dem Rachen der Hölle gleich klafft der gähnende Schlund der Wogen auseinander, um das Schiff in seine Tiefen zu zerren. Ein erneutes entsetzliches Krachen, der Fockmast stürzt gespalten, zersplittert ins Meer, mit ihm mehrere Matrosen; das Schiff neigt ächzend sich zur Seite. Rettet Euch! Rettet Euch! kreischt der gelle Mövenschrei und übertönt den hohlen Donner des Meeres. Herab die Bote! doch kaum auf den Wogen, sind sie wie Bälle fvrtgeschlendert. Nur noch eines bleibt übrig, es faßt kaum ein Drittheil der Mannschaft. Wer hilft den Unglückseligen, die sich, zurückgestvßen, krampfhaft an das Deck klammern, den sicheren Tod von allen Seiten drohend vor Augen. Von der Küste hat man das Entsetzliche gesehen. Muthig und unverzagt kämpft die tapfere Lootsenschaar im Rettungsboje heran, mit unsäglicher Mühe, mit Aufbietung übermenschlicher Kräfte ringen sie gegen den Wogendrang bis zum Wrack hindurch. Holla, Jeau Mat! Wir bringen die Rettung! Und die Tapferen, sie halten ihr Wort, der letzte Mann wird geborgen, dann stoßen sie wieder ab, — dem Strande zu, und hinter ihnen verschwindet in Wogenschaum und Wellengischt, wie von unsichtbarer Gewalt herabgezvgen — das Wrack.
Besprechungen.
Biel G'fühl. Gedichtlen und G'schichteln in alt- bayerischer Mundart von Josef Feiler (Findel's Verlag in Leipzig). — Ein den Mauen Karl Stieler's gewidmetes Merkchen, das, frisch und volksthümlich geschrieben, als eine anerkennenswerthe Bereicherung der bayerischen Dialektdichtung bezeichnet werden muß. Die größte Zahl dieser Gedichte ist von gesundem, kräftigen, doch nie verletzenden Humor beseelt; ihr Inhalt ist Freude an der Natur, am edlen Gerstensaft, an urwüchsiger Kraft, Stolz auf das Vaterland, Liebe zum Reiche und gesunde religiöse Anschauung, die sich nicht scheut, am rechten Orte ein freies Wörtlein zu sprechen. Einzelne Gedichteln sind geradezu trefflich und wir wünschen aufrichtig dem Büchlein viele Freunde. A. O.
Zwischen Donau und Kaukasus, Land- und Seefahrten im Bereiche des Schwarzen Meeres. Von A. v. Schweiger-Lerchenfeld (Wien, A. Hartleben's Verlag). Wessen Interesse ruht nicht, trotz Afrika und Südsee- Colonien, in ständiger Aufmerksamkeit auf jenem „Wetterwinkel Europa's", dem Balkan und den Gestadeländern des sagenumwobenen Schwarzen Meeres? Die Länder am Schwarzen Meere, an welche sich die ältesten, völker
geschichtlichen Ereignisse knüpfen, sind heute und iu der nächsten Zukunft der Schauplatz bedeutsamer Wandlungen und Umgestaltungen. Die Ereignisse, die sich dort vorbereiten. werden gewissermaßen die Schlnßscene von Vorgängen bilden, die seit den ältesten Zeiten jene Region in Form von Völkerzügen, staatlichen Umwälzungen und ethnologischen Wandlungen zum Ausgangspunkte hatten. Mannigfache Interessen, sowohl reale als wissenschaftliche, sind damit verknüpft, der Theilnahme weiter Kreise für so hochinteressante Erdräume nicht zu vergessen. Das vorliegende Werk bezweckt, Länder und Völker in dem Gebiete des Schwarzen Meeres zu schildern, Vergangenheit und Gegenwart auf dem Boden der Ortskunde zu einen: anziehenden Gemälde zu gestalten. Der weite Erdraum von: „goldenen Byzanz" bis tief in die südrussischen Steppen hinein, von der unteren Donau bis zu den Stammsitzen der von Kriegsromantik und Bölkersagen verklärten kaukasischen Aelpler, bildet den engeren Äereich der Schilderungen. Der Verfasser, der wiederholt am Schwarzen Meere geweilt und einen größeren Bereich desselben aus eigener Anschauung kennt, ist durch Kenntnisse und Erfahrungen in die Lage versetzt, die bedeutsame und dankbare Aufgabe befriedigend zu lösen. Viele Gebiete, welche allenthalben in das Tagesinteresse eingreifen, wie die Balkanländer, die Krim, der Kaukasus und die durch ihre uralten Culturen berühmten kleinasiatischen Länder, erfahren in diesem Werke zum ersten Male eine eingehende Behandlung vom geschichtlichen, culturhistorischen, geographischen und ethnographischen Standpunkte aus. Einen glänzenden Anfang des in seiner Idee und Anlage hochbedeutenden Werkes bilden schon die ersten drei reich und originell illustrirten Lieferungen, welche soeben zur Ausgabe gelangt sind. Sie behandeln in lichtvoller und interessanter Weise die vorgeschichtlichen und ältesten geschichtlichen Völkerverhältnisse in den Ländern am Schwarzen Meere. Sogar uralte Sagen, wie jene der Argonautenfahrt und die Prometheusmythe, sind wirksam in die sachlichen Schilderungen eingeflochten.
Misrellrn.
* „Unsere Kinder!" Unter dieser Ueberschrift findet rnan heutzutage in den Journalen wahre oder erdichtete Aussprüche aus Kindermund, die die unnatürliche Frühreife moderner Jugend darthun sollen. „Alles schon einmal dagewesen," sagte der weise Ben Akiba. Wenigstens wissen wir kein drastischeres Beispiel in dieser Hinsicht, als nachfolgenden, historisch beglaubigten Brief des sechsjährigen Kurprinzen' Friedrich (später als Kurfürst Friedrich III. von Brandenburg, dann Friedrich I., König von Preußen). Der Brief ist datirt vom 26. Februar 1666 und an die Landgräsin Sophie von Hessen-Kassel gerichtet. Der Sechsjährige gesteht darin seine Liebe zu der zweiten Tochter der Landgräsin, der Prinzeß Elisabeth, in folgenden Worten:
„Hochgeehrte, Herzallerliebste Frau Muhme! als ich erfreulich erfahre, daß Euer Gnaden älteste Prinzessin sich verheirathet, habe ich nicht unterlassen wollen, meine große Freude darüber zu bezeigen und Ew. Gnaden gehorsamst zu gratuliren. Ich kann wohl leiden, daß alle Prinzessinnen weggefreit werden, wenn nur die bleibt, die ich liebe. Ich will so fleißig studiren und mich so verhalten, daß ich verhoffe, ich werde keinen Korb bekommen." Und das Schönste an dieser wahren Geschichte ist, daß 13 Jahre später derselbe Friedrich dieselbe Prinzessin Elisabeth in Potsdam als sein eheliches Gemahl heimführte und sie sodann zur ersten Königin von Preußen machte.
Technisches.
Zur elektrischen Beleuchtung. Die Freunde der Ersetzung des Gases durch die Elektricität, deren Zahl