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Häuser und Menschen im alten Berlin / von Hans Mackowsky
Entstehung
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Rosetten schließt ab. Doch damit nicht genug: durch die ganze Fassade ist jedesmal in regelmäßiger Höhe von vier Steinschichten eine Lagerschicht von violett glasierten Steinen angeordnet, wodurch die Horizontale in ihrer architektonischen Ruhe verstärkt wird. Zugleich wird dadurch die rötliche Farbe der Ziegel angenehm gebrochen. Der dekorative Schmuck be­schränkt sich auf die Tür und die Fenster, doch greift er von ihrer äußeren Um­rahmung, von Sims und Sohlbank über auf die leicht geschrägten Leibungen. Hier gestattete das Material Anmut und Zierlichkeit der Ausführung. Ursprünglich war für die Brüstungstafel jedes Fensters ein anderes Orna­ment bestimmt; aus Gründen der Ersparnis von Zeit und Kosten begnügte man sich mit der Wiederholung eines und desselben: eine weibliche Maske mit Fruchtkorb, begleitet von zwei nackten Jünglingen, die, den Thyrsussiab über die Schulter gelehnt, einander zugewandt auf arabeskenartiger Ranke leicht und frei sitzen. Die Fenstervertiefungen sind mit Blattornamenten gefüllt, die in einer mittleren Rosette zusammenstoßen. Ganz ähnlich ist die Tür, nur wird die mittlere Rosette ersetzt durch zwei Medaillons, die Genien mit Winkelmaß und Lot enthalten.

Denkt man im Angesicht dieser Straßenfront mit ihrer reizvollen Bin­dung von Würde und Anmut an die zierliche Strenge oberitalienischer Backsteinpaläste, so wird auch im Hof die Erinnerung an Italien lebendig, angeregt freilich mehr durch eine allgemeine Stimmung als durch besondere Einzelgestaltung. Die Hauswandungen sind schlicht verputzt, die Fenster glatt eingeschnitten ohne die seitlichen Vertiefungen. Aber unter den Fenstern, von denen einige später verbreitert, die der oberen Geschosse mit durchbrochenen Außenläden versehen wurden, fehlen nicht die Terrakottareliefs, wenn auch in etwas einfacherer Dekoration als an der Hauptfront. Zwischen antikem Blattornament erscheint im mittleren Medaillon ein jugendlicher Kopf mit phrygischer Mütze, vereinzelt auch eine schlichte Rosette. Nur unter den großen dreigeteilten Fenstern der abgeschrägten Ecken sieht man einen kauern­den Genius mit Musikinstrument, der etwas wie eine Huldigung, jedenfalls

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